Diabetes und Parodontitis: Neue S2k-Leitlinie 16.12.2024 13:51 Uhr
Diabetes mellitus und Parodontitis sind zwei weit verbreitete chronische Erkrankungen, die eng miteinander verknüpft sind. Jüngste Studien bestätigen eine bidirektionale Beziehung zwischen beiden Krankheiten: Diabetes begünstigt die Entstehung und das Fortschreiten von Parodontitis, während eine unbehandelte Parodontitis die Blutzuckerkontrolle bei Diabetikern erschwert und das Risiko für Folgeerkrankungen erhöht. Ziel der neuen S2k-Leitlinie: Die an der Prävention, Früherkennung, Diagnostik und Therapie der an den Erkrankungen beteiligten Fachdisziplinen sowie die betroffenen Patient:innen über diese Zusammenhänge aufzuklären und die Versorgung zu verbessern.
Patient:innen mit Diabetes haben ein bis zu dreifach erhöhtes Risiko, an Parodontitis zu erkranken. Dies liegt an einer durch Diabetes bedingten Verschlechterung der Immunabwehr und einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen. Insbesondere schlecht eingestellte Blutzuckerwerte fördern die Entzündungsprozesse im Zahnfleisch und führen zu einem schnelleren Abbau des Zahnhalteapparates.
Umgekehrt wirkt sich Parodontitis negativ auf die Blutzuckerregulation aus. Chronische Entzündungen, wie sie bei Parodontitis auftreten, erhöhen die Insulinresistenz und erschweren die Blutzuckerkontrolle. Studien zeigen, dass die Behandlung von Parodontitis die Blutzuckerwerte bei Diabetikern senken und somit auch das Risiko für diabetesbedingte Komplikationen reduzieren kann.
Prävention und interdisziplinäre Therapie
Eine enge Zusammenarbeit zwischen Zahnärzt:innen und Diabetologen ist entscheidend. Einerseits sollte das zahnärztliche Team eine Rolle bei der Erkennung eines erhöhten Diabetesrisikos und der Identifizierung unerkannter Diabetesfälle spielen. Auf der anderen Seite sollten Ärztinnen und Ärzte über parodontale Erkrankungen und deren Konsequenz für die Blutzuckerkontrolle und Komplikationen bei Menschen mit Diabetes informiert sein. Hier soll die neue Leitlinie greifen und Empfehlungen für Ärzt:innen sowie für Patientinnen und Patienten mit Diabetes und/oder Parodontitis geben.
Denn: Die Verbindung zwischen Diabetes und Parodontitis unterstreicht die Bedeutung einer ganzheitlichen Gesundheitsversorgung, bei der die enge Wechselwirkung systemischer und oraler Gesundheit berücksichtigt wird.
Verbesserte Zusammenarbeit
„Es handelt sich um die erste Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft für medizinische Fachgesellschaften (AWMF), die gemeinsam von einer zahnmedizinischen und medizinischen Fachgesellschaft entwickelt worden ist“, so Prof. Dr. Søren Jepsen, Direktor der Poliklinik für Parodontologie, Zahnerhaltung und Präventive Zahnheilkunde am Universitätsklinikum Bonn. „Wir erhoffen uns eine verbesserte interdisziplinäre Zusammenarbeit bei Prävention, Früherkennung und Therapie dieser beiden Volkskrankheiten. In der Zukunft wird eine Aktualisierung der Leitlinie voraussichtlich auf S3-Niveau erfolgen.“
Professor Dr. Thomas Haak, Chefarzt am Diabetes Zentrum Mergentheim, hat an der Leitlinie für die Deutsche Diabetes Gesellschaft mitgewirkt. Er erklärt: „Damit einerseits wichtige Informationen zwischen Arzt und Zahnarzt ausgetauscht werden können und andererseits Patientinnen und Patienten an das Parodontitis-Screening als Vorsorgemaßnahme erinnert werden, ist der Gesundheitspass Diabetes ein ideales Medium. Umso mehr freut es mich, dass der Hinweis auf die mindestens einmal jährliche zahnärztliche Vorstellung als Vorsorgeempfehlung in den Gesundheitspass Diabetes aufgenommen wurde.“ Die Leitlinie werde dazu beitragen, „die Zusammenarbeit zwischen Medizin und Zahnmedizin erheblich zu verstärken“, so die Experten.