Tierversuch

Demenz durch Candida-Infektion APOTHEKE ADHOC, 09.01.2019 12:02 Uhr

Im Mausmodell konnten die Forscher zeigen, dass eine intravenöse Injektion mit 25.000 Candida albicans-Zellen zu einer stark lokalisierten Cerebritis führen kann. Foto: CDC/James Gathany
Berlin - 

Der Hefepilz Candida albians gehört zu den fakultativen pathogen Keimen und ist bei etwa 75 Prozent der Menschen im Darm zu finden. Außerdem besiedelt der Pilz die Schleimhäute von Hals und Rachen sowie den Genitalbereich und die Haut. Vermehrt er sich über die Standortflora hinaus, können Candidosen die Folge sein. Bei normaler Kolonisation bestehen keine Beschwerden. Bei immungeschwächte Personen können Blutvergiftungen oder eine Lungenentzündung ausgelöst werden. Alle Organe können von einer Candidose geschädigt werden. Ein Forscherteam um David Corry vom Baylor College of Medicine in Houston zeigt nun, dass Candida albicans möglicherweise sogar das Gehirn schädigen und Gedächtnisprobleme verursachen kann. Die Studienergebnisse wurden im Fachmagazin „Nature Communications“ veröffentlicht.

Im Mausmodell konnten die Forscher zeigen, dass eine intravenöse Injektion mit 25.000 Candida-Zellen zu einer stark lokalisierten Cerebritis führen kann. Weiterhin wurde eine Ansammlung von aktivierten Mikroglial- und Astrogliazellen dokumentiert. Die Rede ist von sogenannten Beta-Amyloid-Molekülen im Gehirn. Die Eiweiß-Ablagerungen werden als Hauptursache für die Alzheimer-Erkrankung angesehen, da sie neurodegenerativ wirken, Entzündungsreaktionen auslösen und letztlich die Signalübertragung im Gehirn behindern.

Wie aber kann Candida albicans Einfluss auf das Gedächtnis nehmen? Bei einer Applikation des Hefepilzes in den Blutkreislauf der Mäuse kann der Erreger die Blut-Hirn-Schranke überwinden. Die Folgen waren neben einer kurzzeitigen Störung des räumliches Gedächtnisses auch eine Aktivierung der Mikroglia sowie Entzündungsreaktionen. In der Folge wurde der Hefepilz in die Granulom-artigen Strukturen, sogenannte Pilz-induzierte Glialgranulome, eingeschlossen. Die leichten Gedächtnisstörungen ließen mit der Pilzclearance nach.

„Unsere Ergebnisse rechtfertigen zusätzliche Studien, um die Auswirkungen von chronischen Zerebritis auf die kognitive und Immunfunktion zu verstehen“, so die Forscher. Die Studie zeigt, dass Candida albicans die Blut-Hirn-Schranke leicht überwindet und das Kurzzeitgedächtnis beeinträchtigt. Unter Ruhebedingungen erhält das Gehirn unter Ruhebedingungen mit etwa 14 Prozent einen relativ großen Anteil des Herzminutenvolumens. Daher ist es anfällig für eine Invasion von Krankheitserregern, die mit dem Blut übertragen werden. Dazu zählt eben auch der Hefepilz. Die Candida-Hirninfektion sind seit langem die häufigste Ursache eines bei der Autopsie beobachteten mykotischen zerebralen Abszesses. Die Forscher vermuten, dass der Hefepilz auch bei der Entstehung von Alzheimer, Parkinson oder Multiple Sklerose eine Rolle spielt.

Die Pathogenese von Alzheimer ist nicht vollständig geklärt. Man geht davon aus, dass die Vorläufer der amyloiden Plaques zu den wahrscheinlichsten Ursachen für das Entstehen von Alzheimer zählen. „Besonders gefährlich ist hierbei eine speziell modifizierte Art des β-Amyloid-Peptids. Diese verklumpen aufgrund ihrer Struktur sehr schnell und lagern sich dann im Gehirn ab“, sagt Professor Dr. Milton T. Stubbs vom Institut für Biochemie und Biotechnologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Der Forscher hat in Zusammenarbeit mit weiteren Kollegen einen Antikörper gegen diese Eiweißablagerungen entwickelt. Die Studienergebnisse wurden im vergangenen Jahr vorgestellt.

„Unser neuer Antikörper-Wirkstoff soll dann wirken, wenn die gefährlichen Peptide bereits im Körper gebildet wurden. Das kann man sich wie einen Staubsauger vorstellen, der die Stoffe aus dem System entfernt“, so Dr. Inge Lues, Chief Development Officer bei Probiodrug und Co-Autorin der Publikation.

Bislang gibt es noch kein Arzneimittel, das die Krankheit heilen kann. In der Therapie kommen beispielsweise Acetylcholinesterase-Hemmer zum Einsatz, die den Abbau von Acetylcholin an der Synapse verzögert. Der Transmitter sorgt für die Signalübertragung an der Nervenzelle. Außerdem kann der NMDA-Antagonist Memantin die Nervenzellen vor einem übermäßigen Einstrom des Neurotransmitters schützen. Eine Überbelastung würde zu einem Absterben der Nervenzellen führen. Weiterhin können Ginkgo-Präparate in der Behandlung der Alzheimer-Krankheit verwendet werden.