Impfrisiko

Frankreich streicht Rotavirus-Impfung APOTHEKE ADHOC, 11.05.2015 15:24 Uhr

Berlin - 

Die Impfung gegen Rotaviren ist die neueste Immunisierung in den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts (RKI). Im August 2013 wurde sie aufgenommen, erst seit April dieses Jahres wird sie in allen Bundesländern von den Kassen übernommen. In Frankreich hat der Oberste Rat für Öffentliche Gesundheit seine Empfehlung nun zurückgenommen. Hintergrund sind von der französischen Zulassungsbehörde ANSM gemeldete Verdachtsfälle von Darminvagination.

Auf den Sinneswandel weist das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hin. Demnach teilte der Französische Gesundheitsrat den Ärzten mit, dass sie die Zulassungsbedingungen beachten und die Eltern über das mögliche Risiko einer Invagination informieren sollten, wenn sie weiterhin Rotavirusimpfungen an einzelnen Kindern durchführen.

Das PEI hat eine deutschlandweite epidemiologische Studie initiiert, um die Risikofaktoren einer Darminvagination weiter zu erforschen. Auf die Impfempfehlung der STIKO hat die Entscheidung in Frankreich einer RKI-Sprecherin zufolge keine Auswirkungen. Seit April gilt in allen Bundesländern eine Impfvereinbarung zwischen Ärzten und Kassen, als letztes hatte sich laut Hersteller GlaxoSmithKline (GSK) die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Hessen mit den Krankenkassen geeinigt.

Die STIKO empfiehlt die Rotavirus-Impfung seit August 2013 für kleine Kinder. Demnach soll die Immunisierung mit der Schluckimpfung im Alter von sechs bis zwölf Wochen beginnen und bis zur vollendeten 24. oder 32. Woche beendet sein. Bereits 2013 wies das RKI darauf hin, dass Rotaviren das Risiko für Darminvaginationen geringfügig erhöhen kann. Da dieses Risiko mit dem Alter der Impflinge zunehme, solle möglichst früh mit der Immunisierung begonnen werden.

Eine Darminvagination ist eine Einstülpung eines proximalen in den distalen Darmanteil. Zu den Risikofaktoren für das Auftreten einer Invagination gehören laut PEI Virusinfektionen mit Vergrößerung der Peyer-Plaques, vermehrte Darmmotilität und anatomische Besonderheiten wie ein Meckel-Divertikel. Wird die Darmeinstülpung schnell erkannt, kann meist durch einen Arzt eine Reposition vorgenommen werden. Bei komplizierteren Verläufen wird operiert.

Eine Invagination ist laut PEI eine insgesamt seltene Erkrankung, die insbesondere bei Kindern innerhalb des ersten Lebensjahres vorkommt. In Deutschland sind rund 60 bis 100 von 100.000 Säuglingen betroffen. Daten aus Beobachtungsstudien in mehreren Ländern zeigen dem PEI zufolge, dass Rotavirus-Impfstoffe zu einem erhöhten Risiko einer Invagination innerhalb von sieben Tagen nach der Impfung führen. Darauf, dass es ein gering erhöhtes Risiko nach der zweiten Dosis gibt, liegen laut PEI nur begrenzte Hinweise vor.

Laut PEI wurden aus Deutschland bis heute 82 Meldungen einer bestätigten Invagination in unterschiedlichem zeitlichem Zusammenhang mit einer Rotavirus-Impfung berichtet. In 68 Fällen konnte der Gesundheitszustand demnach wiederhergestellt werden, bei zwölf Kindern musste eine partielle Darmresektion vorgenommen werden. Bei fünf dieser Kinder hätten weitere Risikofaktoren für eine Invagination vorgelegen. Eine Invagination mit tödlichem Ausgang wurde nicht berichtet.

Laut PEI erreicht die Häufigkeit von Invaginationen in einem Alter zwischen 6,4 und 12,5 Monaten einen Gipfel. „Um das Risiko für eine Invagination gering zu halten, sollte daher das in den jeweiligen Fachinformationen empfohlene Alter für die Impfungen unbedingt eingehalten werden“, betont die Behörde.

In Deutschland sind zwei Impfstoffe zugelassen: RotaTeq von Sanofi Pasteur MSD und Rotarix von GSK. Bei Rotarix besteht die Grundimmunisierung aus zwei Dosen, die ab sechs Wochen und im Abstand von mindestens vier Wochen verabreicht werden. Die Impfserie bei RotaTeq besteht aus drei Dosen, die ebenfalls ab der sechsten Woche und im Abstand von mindestens vier Wochen gegeben werden.

Das PEI fordert die Kinderärzte außerdem auf, „Eltern unbedingt darüber aufzuklären, dass eine Invagination im zeitlichen Zusammenhang mit einer Rotavirus-Impfung auftreten kann und wie man diese frühzeitig erkennt“. Symptome seien krampfartige Bauchschmerzen, Nahrungsverweigerung, Erbrechen, ungewöhnliches Schreien und vor allem blutiger Stuhl.