Arzneimittelkriminalität

Harvoni-Fälschung: Anzeige gegen Unbekannt Nadine Tröbitscher, 13.07.2017 09:14 Uhr

Berlin - 

Anfang Juni hatten es Fälschungen des Hepatitis-Medikaments Harvoni (Ledipasvir/Sofosbuvir, Gilead) in die reguläre Lieferkette geschafft und für Aufsehen gesorgt. Nun hat die Regierung von Oberbayern die bisherigen Ergebnisse bestätigt und Anzeige gegen Unbekannt erstattet.

Bislang deutet alles auf eine illegale Umverpackung und Umetikettierung hin – was einer Fälschung entspricht. Wo und an welcher Stelle die Ware umverpackt wurde, ist bislang noch nicht geklärt. Die untersuchte Probe ergab keine Abweichungen in Bezug auf Identität und Gehalt der Wirkstoffe. Aufgefallen war die Fälschung durch die Färbung der Tablette, die statt orange weiß war. Von der Fälschung betroffen war die Charge 16SFC021D, die sich auch legal auf dem deutschen Markt befand.

Die Regierung von Oberbayern hat Anzeige wegen des Verdachts des Herstellens und Inverkehrbringens gefälschter Arzneimittel gegen Unbekannt gestellt. Der Fall liegt jetzt bei der Staatsanwaltschaft München I, die das weitere Ermittlungsverfahren ohne Zeitverzug einleiten kann.

„In der bisher ermittelten Lieferkette sind mehrere deutsche Großhändler beteiligt“, teilte die Regierung von Oberbayern mit, die den Fall untersucht. Bekannt ist, dass betroffene Packungen von Phoenix ausgeliefert wurden. Weiterhin kann die Behörde bestätigen, dass die gefälschte Ware über einen niederländischen Händler in den deutschen Markt gekommen ist, der jedoch keine Großhandelserlaubnis für Arzneimittel besitzt.

Ob es einen Zusammenhang zum Fall von Epclusa (Sofosbuvir/Velpatasvir, Gilead) gibt, lässt sich derzeit nicht sagen. Wenige Wochen vor dem Harvoni-Fall war hier vor Fälschungen gewarnt worden. Laut Regierung von Oberbayern lagen ausschließlich Fotos der gefälschten Ware vor. „Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass sich betroffene Epclusa-Packungen auf dem deutschen Markt befunden haben.“

Die 23 gefälschten Harvoni-Packungen waren von einem halben Dutzend Apotheken in Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen bemerkt worden. Patienten hatten das Präparat wieder zurück gebracht, da sie aufgrund des Farbwechsels die Identität anzweifelten und verunsichert waren. Gilead rief alle Packungen der betroffenen Charge zurück.

Medikamente dürfen laut §4a Arzneimittelhandelsverordnung (AM-HandelsV) nur von „zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigten Betrieben“ erworben werden. Dabei muss bei jeder Bestellung nicht nur der Inhalt, sondern auch die entsprechende Erlaubnis geprüft werden. Bei Großhändlern und Arzneimittelvermittlern muss sich der Empfänger außerdem von der Einhaltung der Guten Vertriebspraxis (GDP) überzeugen.