Abweichende Einschätzung

Angina pectoris: Ärzte sehen Beschwerden kritischer Alexandra Negt, 25.07.2020 09:33 Uhr

Herzinfarkt-Risiko: Mediziner stufen den Gesundheitszustand der Patienten meist gravierender ein als diese selbst. Foto: Pixabay
Berlin - 

Angina pectoris, häufig auch Herz- oder Brustenge genannt, tritt meist als Symptom im Rahmen einer koronaren Herzerkrankung auf. Der Arzt stuft das Stadium bei den regelmäßigen Kontrollterminen stets neu ein. Eine Studie konnte nun zeigen, dass die Mediziner den Gesundheitszustand der Patienten meist gravierender einstufte als der Patient selbst.

Angina pectoris tritt als ein mögliches Symptom einer koronaren Herzkrankheit auf. Hierbei handelt es sich um anfallsartige Schmerzen in der Brust, die durch eine vorübergehende Durchblutungsstörung des Herzens entstehen. Das Befinden dieser Patienten aus ihrer persönlichen Sicht kann stark von der dokumentierten Einschätzung des Arztes abweichen. Eine aktuell veröffentlichte Studie wollte herausfinden, ob sich die Schweregradeinteilung der Angina pectoris, mittels der CCS-Klassifikation (Canadian Cardiovascular Society) durch den behandelnden Arzt von der vom Patienten eingeschätzten Schwere unterscheidet.

In die Kohortenstudie wurden Patienten eingeschlossen, bei denen eine perkutane koronare Intervention (PCI, beispielsweise Plaquesprengung mittels Ballonkatheter) aufgrund einer stabilen ischämischen Herzerkrankung oder einer instabilen Angina pectoris durchgeführt wurde. Der Schweregrad wurde vom Arzt ermittelt. Dieser wurde anhand der CCS-Klassifikation eingestuft. Der Patient hingegen erhielt einen speziellen Fragebogen zur Einschätzung des Schweregrades (Seattle Angina Questionnaire, SAQ). Es wurden Daten von insgesamt 1654 Personen erhoben. 759 Patienten erhielten bereits eine PCI aufgrund einer stabilen ischämischen Herzerkrankung, 895 aufgrund einer instabilen Angina pectoris. Das mittlere Alter lag bei 64,3 Jahren.

Über ein Drittel der Patienten mit einer stabilen ischämischen Herzerkrankung hatten nach eigener Aussage keine Symptome einer Angina pectoris. Die Einschätzung der Ärzte war eine andere: Laut ihnen litten 12,4 Prozent an einer moderaten und 7,5 Prozent an einer schwerwiegenden Herzenge. Auch bei der Patientengruppe mit einer instabilen Angina pectoris gingen die Einschätzungen von Mediziner und Patient auseinander: 110 der 895 Patienten, also etwas über 12 Prozent, gaben im Fragebogen an, keine Symptome zu haben. Die Ärzte urteilten anders. Knapp 11 Prozent der Patienten stuften sie in die CCS-Klasse II (moderat) und 35 Prozent in die CCS-Klasse III oder IV (schwerwiegend) ein.

Aus diesen deutlichen Abweichungen schlussfolgern die Studienautoren, dass die Aussagen der Patienten über den aktuellen Status ihrer Symptome mehr an Bedeutung gewinnen sollten. Dies gelte insbesondere dann, wenn über eine Operation, wie beispielsweise eine Revaskularisierung, nachgedacht wird. Die Diskrepanz zwischen Arzt und Patient habe durchaus Auswirkungen auf die Auswahl der Patienten, die für Plaquesprengungen & Co. in Frage kommen. Generell sei es interessant, dass die Patienten selbst den Schweregrad ihrer Erkrankung oftmals nur abgeschwächt wahrnehmen.

Spray und Zerbeißkapseln für den Notfall

Eine Angina pectoris kommt plötzlich und führt zu heftigen Schmerzen. Im Akutfall angewandt, lindert der Wirkstoff Glyceroltrinitrat die Symptome eines solchen Anfalls binnen Minuten. Der Patient muss ein bis drei Sprühstöße unter die Zunge geben, oder eine Kapsel zerbeißen. Glyceroltrinitrat sorgt dafür, dass sich die Herzgefäße erweitern und damit die Durchblutung und Sauerstoffversorgung des Herzens wieder gewährleistet werden kann. Anfälle sind in der Regel nicht vorhersehbar, deshalb sollten gefährdete Personen ihre Medikation stets bei sich zu tragen. Vorteil: Patienten, die ihre Belastungsgrenze kennen, können das Spray auch zur Prävention nutzen und verhindern, dass es bei stärkerer Anstrengung zu einem bedrohlichen Engegefühl in der Brust kommt.

Vorsicht bei Kälte

Temperaturen unter null Grad verengen die Gefäße und können zu einem Angina pectoris-Anfall oder Herzinfarkt führen. Temperaturen unter null Grad verengen die Gefäße und schränken so die Blutversorgung des Herzens ein. Dies kann zu einem gefährlichen Angina pectoris-Anfall führen. Wer vorerkrankt ist, sollte sich bei kalten Temperaturen draußen möglichst nicht anstrengen – auf Schneeschnippen & Co. sollte verzichtet werden. Fallen die Temperaturen auf unter -10 Grad, ist es auch für gesunde Menschen ratsam, sich körperlich nicht zu sehr anzustrengen.