Phytopharmazie

Andorn ist Arzneipflanze des Jahres 2018 APOTHEKE ADHOC, 21.09.2017 12:08 Uhr

Berlin - 

Die „Arznei der Lunge“ ist Arzneipflanze des Jahres 2018. Andorn, Marrubium vulgare, war den Ägyptern und Griechen wohl bekannt, heute ist die bitter schmeckende Pflanze eher in Vergessenheit geraten. Mit der Auszeichnung könnte der Lippenblütler nun eine Renaissance erleben.

Wer den Preisträger noch in Blüte sehen will, sollte sich beeilen, denn Andorn blüht von Juni bis September. Wahrscheinlich ist man schon zu spät und die weißen Blüten sind längst verschwunden. Der Lippenblütler ist am Wegesrand und auf Schuttplätzen zu finden und erreicht eine Wuchshöhe von bis zu 60 cm. Zu erkennen ist die Pflanze an ihren hohlen und filzig behaarten vierkantigen Stängeln. Behaart sind auch die Blattunterseiten, der am Rand gezähnten Blätter.

Verarbeitet werden kann die ganze Pflanze. Das Kraut enthält Diterpen-Bitterstoffe, deren Hauptanteil Marrubiin ausmacht. Zudem sind Gerbstoffe und geringe Mengen ätherischen Öls zu finden. Zum Einsatz kommt Andorn bei Verdauungsbeschwerden sowie Atemwegserkrankungen.

Dem Kraut des Andorns wird eine auswurffördernde Wirkung zugesprochen. Schon Paracelsus bezeichnete Andorn als „Arznei der Lunge“. So könne die Pflanze zähen und festsitzenden Bronchialschleim verflüssigen und dieser besser abtransportiert und abgehustet werden. Die Wirkung kann auf den geringen Anteil des ätherischen Öls zurückgeführt werden.

Bitter- und Gerbstoffe werden mit der positiven Wirkung auf den Magen-Darm-Trakt in Verbindung gebracht. Während den Gerbstoffen aufgrund ihrer adstringierenden Wirkung eher eine Schutzfunktion zugesprochen wird, sind die Bitterstoffe für die verdauungsfördernde Wirkung verantwortlich. Marrubiin kann auf reflektorischem Weg Produktion und Ausschüttung von Gallensaft fördern. Außerdem werden die Magensäurebildung und die Magen-Darm-Bewegung angeregt. Andorn kann somit bei Gallenbeschwerden, Blähungen, Völlegefühl und Appetitlosigkeit Linderung verschaffen.

Andorn kann als Tee zubereitet werden und bis zu dreimal täglich vor einer Mahlzeit getrunken werden. Bei Verdauungsbeschwerden und festsitzendem Husten wird ein Teelöffel des Krautes mit 150 ml heißem Wasser übergossen. Nach etwa fünf bis zehn Minuten wird abgeseiht und der Tee getrunken.

Verbraucher können jedoch auch auf Fertigarzneimittel wie die apothekenpflichtigen Marrubin Andorn-Bronchialtropfen (Repha) zurückgreifen. Das traditionelle Arzneimittel wird zur Schleimlösung bei Husten im Rahmen einer Erkältung eingesetzt. Traditionelle Arzneimittel sind ausschließlich aufgrund langjähriger Anwendung für eine Indikation registriert. Die Tropfen sollen sekretionsfördernd und sekretionsverflüssigend, schmerzstillend und krampflösend wirken sowie das Abhusten des zähen Bronchialschleims erleichtern. Erwachsene und Kinder ab zwölf Jahren können dreimal täglich 40 Tropfen in reichlich Flüssigkeit vor oder zu den Mahlzeiten einnehmen. Die Tageshöchstdosis von 120 Tropfen sollte nicht überschritten werden.

Gekürt wurde Andorn von einer Arbeitsgruppe der Universität Würzburg, die die Pflanze wieder populär machen will. „Der Andorn ist seit etwa 2000 Jahren Teil unserer europäischen Medizingeschichte und gehörte einst zu den beliebtesten Heilpflanzen“, so Johannes Gottfried Mayer vom Institut für Geschichte der Medizin in Würzburg.