Eistee mit Globuli gesüßt

Ärger um „HomöopaTea“ Alexander Müller, 05.10.2022 14:55 Uhr

Darf die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim Eistee mit Globuli süßen und als Lebensmittel verkaufen? Screenshot: Mai Think X
Berlin - 

Die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim hat in ihrer Sendung „MaiThink X“ eine kreative Form der Homöopathie-Kritik präsentiert mit der einfachen Frage: Ist ein mit Globuli gesüßter Eistee als Lebensmittel frei verkäuflich? Ein Apotheker spielt mit und hat die Lebensmittelüberwachung der Stadt Köln um eine Überprüfung gebeten.

Mai Thi Nguyen-Kim stellt in ihrer Sendung den „HomöopaTea“ vor und schildert in der Sendung, wie sie bei verschiedenen Behörden und sogar im Bundesgesundheitsministerium nachgefragt hat, unter welchen Umständen ein Verkauf des Getränks zulässig wäre.

Variante 1: Darf ein Eistee, der mit in einer Apotheke gekauften Crocus C30 Globuli gesüßt wurde, als Lebensmittel verkauft werden?

Variante 2: In einem Lebensmittelgeschäft wurde Safran gekauft und daraus ein Extrakt hergestellt. Dieses wurde 30 Mal im Verhältnis 1:100 verdünnt. Diese Lösung wurde dann auf Zuckerkügelchen aufgetragen. Nach dem Trocknen der Kügelchen wurden diese verwendet, um Eistee zu süßen. Frage: Darf dieser Eistee als Lebensmittel verkauft werden?

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) antwortete laut Sendung auf die Anfrage: „Ja, in beiden Fällen dürfte das Produkt als Lebensmittel zu qualifizieren sein (Eine Cola, die Koffein enthält, oder ein Tonic Water, das Chinin enthält, sind ja auch kein Arzneimittel)“. Allerdings hatte das Ministerium, was die Verkehrsfähigkeit angeht, an die zuständigen Behörden verwiesen.

Anfrage ans BMG

Das Team von MaiThink X fragte daher beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nach sowie bei der Bezirksregierung Köln, die sich nach der Darstellung von Mai Thi Nguyen-Kim den Ball immer wieder gegenseitig zuspielten – ohne letztlich klar zu antworten.

Das Landesamt für Verbraucherschutz dagegen hatte darauf hingewiesen, dass die Verwendung zugelassener Arzneimittel als Zutat in Lebensmitteln nicht zulässig sei. Beim zweiten beschriebenen Fall dürfte der Eistee dagegen in Verkehr gebracht werden, sofern dieser ansonsten die lebensmittelrechtlichen Vorschriften erfülle.

Und entsprechend wurde der HomöopaTea nicht nur in der Sendung an das Publikum verteilt, sondern auch in einem eigenen Online-Shop vertrieben. Der Claim: „Wirkung ist, was du draus machst.“ Allerdings heißt es auf der Homepage derzeit: „Leider ist der HomöopaTea aktuell nicht verfügbar.“

Apotheker schaltet Behörde ein

Handelt es sich um einen Lieferengpass oder sind die Behörden inzwischen doch aktiv geworden? Apotheker Dr. Christian Fehske aus Hagen jedenfalls hatte die Lebensmittelüberwachung der Stadt Köln gebeten, sich das Produkt wegen möglicher Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz (§§ 2 Abs. 1 und 43 AMG) näher anzusehen.

Zwar sei laut Sendung kein Fertigarzneimittel (Crocus C30 globuli) verarbeitet worden, sondern durch Orientierung am homöopathischen Arzneibuch ein homöopathisches Arzneimittel selbst hergestellt und anschließend zur Herstellung des Lebensmittels verwendet worden. Dies wäre laut Fehske dann nicht zu beanstanden, wenn in der Werbung für das Produkt lediglich zum Beispiel „extrem stark verdünnter Safran“ als Bestandteil angegeben würde. „Durch die Bezugnahme auf die für das Arzneimittel typische Bezeichnung, wie auch die Erläuterung der Bezugnahme auf die homöopathische Arzneimittelherstellung in der Sendung wird jedoch offensichtlich kalkuliert und vorsätzlich gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen“, so Fehske.

Der HomöopaTea könne aufgrund der Deklaration seiner Inhaltsstoffe als Arzneimittel eingestuft werden, ist der Apotheker überzeugt. „Ob man an eine Wirksamkeit glaubt oder sie belegt ist, spielt dabei keine Rolle – lediglich ob das Mittel dafür bestimmt ist.“ Bereits durch die Herstellung könnte damit möglicherweise ohne Herstellungserlaubnis unzulässig sein, spätestens das Inverkehrbringen verstoße dann gegen die Apothekenpflicht.

Obwohl von dem Eistee erkennbar keine Gefahr ausgehen dürfte, fände Fehske eine Überprüfung aus grundsätzlichen Erwägungen sinnvoll: Denn hier drohe ansonnsten ein Präzedenzfall geschaffen zu werden. „Wo genau würde man bei Duldung künftig die Grenze ziehen, wann die Umgehung von Arzneimittelgesetz und Apothekenpflicht ‚noch witzig‘ und ‚noch nicht gefährlich‘ ist?“ Dem Apotheker kommt es vor allem auf die Bezeichnung des Lebensmittels an.