Supermärkte

Eine Kasse für Familien dpa, 27.12.2012 12:09 Uhr

Noch was Süßes? Eine Berliner Mutter hat durchgesetzt, dass ihr Supermarkt eine Kasse ohne süße Impulsware haben muss. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Der Platz für Produktaufsteller an der Kasse ist nicht nur in der

Apotheke heiß umkämpft. Im Supermarkt kann das Warten mit kleinen

Kindern an der Kasse die Hölle sein. In Augen- und Greifhöhe locken

Unmengen von Süßigkeiten. In Berlin hat einer Mutter die Bettelei der

Kleinen gereicht. Sie startete eine Internet-Petition gegen

„Quengelkassen“ – mit Erfolg.

Vielleicht hat der Berliner Szenebezirk Prenzlauer Berg eine neue Heldin. Caroline Rosales brachte den Supermarkt in der Nachbarschaft dazu, ab Januar „Familienkassen“ einzurichten: ohne Süßigkeiten als Lockmittel für die Warteschlange. Denn dann quengelten Kinder nicht ständig herum und würden später auch nicht so dick. Damit ist Rosales wohl weiter gekommen als Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) vor drei Jahren.

Für Rosales ist das ein Punktsieg wie im Kampf zwischen David und Goliath. „Für die Macht des kleinen Konsumenten“, betont sie. Allein ist sie mit ihrer Meinung nicht, seit sie auf der Internetplattform „change.org“ eine Petition startete: gegen Supermärkte, die ihre Kunden beim Anstehen an der Kasse neben Alkohol und Zigaretten auch an Bergen von Süßigkeiten vorbeiführen. Dagegen steht Rosales' Modell einer „Familienkasse“ mit Obst oder Wasser in den Regalen. Ihre Idee ist nicht brandneu, aber souverän verpackt.

Fast 700 Gleichgesinnte haben die Petition online unterzeichnet. An Kommentaren haben die Unterstützer nicht gespart: „Es ist nicht zu ertragen – Kinder zu manipulieren, mit Zucker zu locken, krank und süchtig zu machen“, heißt es im Netz. In Rosales' Mama-Blog fallen die Urteile pädagogisch-kritischer aus. „Wer zu seinem Kind nicht Nein sagen kann, hat in seiner Erziehungsmethode versagt“, steht dort.

Bereits Anfang 2010 hat sich Verbraucherministerin Aigner gegen Süßigkeiten an Supermarktkassen ausgesprochen – und Obst vorgeschlagen. Die FDP empörte sich prompt und sprach von einer „bevormundenden staatlichen Verbraucherpolitik“. Die Grünen höhnten über zuckersüße, aber wirkungslose Appelle von „Mutter Aigner“. Und die Süßwarenindustrie war der Meinung, dass diese Forderung nicht gegen Übergewicht helfe.

Beim Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels sieht man die Dinge heute nicht so verkrampft. Prinzipiell sei es ein guter Service, Kassenbereiche mit unterschiedlicher „Impulsware“ auszustatten. Warum nicht auch Obst? Der Kunde könne sich dann ja frei entscheiden.

Der Platz an der Kasse ist übrigens gerne auch Arzneimitteln vorbehalten: So liegen bei Rewe oder Rossmann Flyer für DocMorris oft direkt am Packtisch. Im Ausland gibt es auch OTC-Medikamente ohne Apothekenpflicht an der Kasse, beispielsweise Schmerzmittel oder Mittel zur Raucherentwöhnung.