Potenzhonig: Imker sorgen sich um Ruf des Honigs 19.03.2025 11:41 Uhr
Im Kampf gegen gefälschten Honig sieht der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund erste Erfolge. Viele Konsumenten schauten inzwischen genauer hin, sagte Vizepräsident Bernhard Heuvel. „Wir hoffen, dass der Lebensmitteleinzelhandel noch mehr mitzieht.“ Ein Aspekt dabei sei auch sogenannter Potenz-Honig. Diesem sind erektionsfördernde Mittel beigesetzt. Zwar bestehe für Verbraucher keine Gefahr, solche Honige versehentlich im Supermarkt zu kaufen, „aber sie schädigen den Ruf des Honigs.“
Versehentlich werde der Potenz-Honig nicht gekauft, so der Grünen-Landtagsabgeordnete und Hobby-Imker Ralf Nentwich aus Baden-Württemberg. Die müsse man schon von einer Reise in Ausland mitbringen oder im Internet bestellen. „Honig, Kräuterpasten und andere mit Potenzmitteln versetzte „Lebensmittel“ werden überwiegend aus der Türkei nach Deutschland verbracht und stammen aus der Türkei, aus Staaten des Mittleren Ostens oder aus Malaysia“, berichtet die Generalzolldirektion. Beim Zoll sei dieses Phänomen bei der Überwachung eingeführter Arzneimitteln nach Deutschland zum ersten Mal 2022 aufgetaucht.
Steigende Fallzahlen
Die Zollfahndungsämter München und Hamburg hätten in der Vergangenheit beispielsweise mehr als 13 Tonnen potenzsteigernde Lebensmittel festgestellt. Die Arzneimitteluntersuchungsstelle am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit untersuchte seit 2023 einem Sprecher zufolge 56 Proben besagter Produkte, 49 enthielten potenzsteigernde Wirkstoffe. In den Vorjahren seien nur vereinzelt Analysen solcher Produkte erbeten worden.
Häufig fehlten Angaben zur Dosierung, sagt eine Sprecherin des Regierungspräsidiums Karlsruhe, das in Baden-Württemberg landesweit für die Überprüfung der vom Zoll abgefangenen Produkte zuständig ist. „Damit ist die Einnahme auch mit einem erheblichen Risiko der Überdosierung verbunden.“ Nach drei Überprüfungen honigartiger Pasten 2023 durch die Behörde waren es im vergangenen Jahr ihren Angaben nach schon 18.
Gefahr von Neben- und Wechselwirkungen
Es geht um die verschreibungspflichtigen Wirkstoffe Sildenafil und Tadalafil, die zur Behandlung von Erektionsstörungen bei Männern angewendet werden. Die Inhaltsstoffe seien bei den vorgelegten Produkten zudem regelmäßig nicht angegeben, erklärte die Sprecherin. „Dem Verbraucher bleibt die Zusammensetzung verborgen und er kann daher nicht wissen, mit welchen Nebenwirkungen und Risiken die Einnahme des Produktes verbunden ist.“
Vor allem Menschen mit Vorerkrankungen am Herz-Kreislauf-System drohten ernste Probleme, hieß es. Auch die Kombination mit bestimmten anderen Arzneimitteln wie Nitraten und Ritonavir aus der Therapie von HIV-Infektionen und Aids sei wegen erheblicher Wechselwirkungen gefährlich.
Supermarkt-Honig ohne Wirkstoffe, aber gestreckt
Seit dem Start der Kampagne „Honig retten!“ im vergangenen Jahr seien einige Hundert Honig-Proben untersucht worden, sagte Heuvel vom Imkerbund. 60 bis 80 Prozent der jeweiligen Stichproben seien als nicht authentisch eingestuft worden. Dann werde in teils erheblichem Ausmaß Sirup zugesetzt, dessen Herkunft oft unklar sei. Ohne entsprechende Hinweise auf der Verpackung würden Verbraucher und Verbraucherinnen betrogen, betonte Heuvel. Alle Honigsorten könnten im Grunde davon betroffen sein, sagte er – auch Bioprodukte.
Kundinnen und Kunden sollten daher darauf achten, dass ein konkreter Imkername auf dem Honig steht. „Dann bürgt jemand dafür, dass es wirklich Honig ist.“ Der Preis sei nicht zwingend ein Indikator, aber ein möglicher. „Honig für 2,50 Euro im Supermarkt kann kein echter Honig sein“, betonte Nentwich. Für 500 Gramm Blütenhonig seien 7,50 Euro ein realistischer Preis. Auch könne man auf Qualitätssiegel achten. „Echter Deutscher Honig“ darf laut dem Deutschen Imkerbund maximal 18 Prozent Wasser enthalten. Wasserarme Honige seien reifer, weniger gärungsgefährdet und hätten ein volleres Aroma. Die Einhaltung der Qualitätsrichtlinien werde im eigenen Labor geprüft. Jedes Glas „Echter Deutscher Honig“ habe eine Kontrollnummer, anhand derer die Herkunft, Gewinnung und Vermarktung des Honigs zurückverfolgt werden könne.