RBB-Berichte

Lunapharm-Prozess: „Klatsche“ für den RBB APOTHEKE ADHOC, 27.06.2019 16:51 Uhr

„Klatsche für das Öffentlich-Rechtliche“: Lunapharms PR-Berater Prof. Dr. Klaus Kocks sieht den Brandenburger Importeur als Gewinner im Rechtsstreit mit dem RBB. Foto: Cato
Berlin - 

Der skandalbehaftete Arzneimittelimporteur Lunapharm sieht sich als Sieger des Gerichtsverfahrens gegen das RBB-Magazin Kontraste. Zwar wurde der geltend gemachte Anspruch auf Schadenersatz abgewiesen und die Berichterstattung nicht in Gänze verurteilt – aber eine ganze Reihe von Aussagen darf der RBB nicht erneut tätigen. Lunapharms PR-Berater Prof. Dr. Klaus Kocks bemüht trotzdem einen Superlativ und bewertet den Vorgang als einmalig: „In vierzig Berufsjahren habe ich keine größere Klatsche für das Öffentlich-Rechtliche erlebt“, sagt er.

Das Landgericht Berlin hat gegen den RBB ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro oder ersatzweise Ordnungshaft bei Zuwiderhandlung gegen den Unterlassungsanspruch Lunapharms festgelegt und eine Reihe von 26 Behauptungen aufgeführt, die der RBB nun nicht mehr tätigen darf. Denn durch sie liege eine vorverurteilende unzulässige Verdachtsberichterstattung vor, urteilten die Richter. Die Schadenersatzforderungen von Lunapharm haben die Richter hingegen zurückgewiesen, da kein Kausalzusammenhang bestehe. Die Berichterstattung habe am 12. Juli 2018 begonnen und die behördlichen Bescheide seien bereits Anfang August 2018 ergangen – der Zeitraum sei also zu gering. Der Betrieb von Lunapharm sei außerdem bereits zuvor durch die Untersagungsverfügung des des Landesamts für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit vom 02. Juni 2017 erheblich eingeschränkt gewesen.

Bei den strittigen Äußerungen ging es im Speziellen um drei Kontraste-Beiträge vom 12. Juli, 23. August und 11. Oktober 2018. Darunter befinden sich die steilsten Aussagen über das Unternehmen, immer wieder kommen darin Begriffe vor wie „illegal“, „geschmuggelt“, „gestohlen“, „kriminelle Bande“, „kriminelles Netzwerk“ oder „Hehlerei im großen Stil“, aber auch die viel diskutierte Behauptung, dass die griechischen Zytostatika in Koffern auf einem Fischmarkt zwischengelagert und dann per Flugzeug nach Deutschland gebracht wurden.

Der RBB habe hier mit seiner Ausdrucksweise die Grenzen der zulässigen Verdachtsberichterstattung vor allem deshalb verletzt, weil er durchweg im Indikativ berichtete, anstatt aufgrund des Verdachtsmoments den Konjunktiv zu benutzen. Dadurch seien Vorwürfe als als Tatsachen dargestellt worden, die noch nicht belegt sind. Sich auf griechische Ermittlungsakten zu berufen, reiche dabei als Legitimation für die Äußerungen nicht aus. In den ersten beiden Beiträgen wurden darüber hinaus nicht nur einzelne Äusserungen untersagt, sondern auch jeweils eine ganze Passage, darunter eine Anmoderation aus der Sendung. Die Passagen würden den Eindruck erwecken, Lunapharm handele wissentlich mit gestohlenen oder unsachgemäß gelagerten Krebsmedikamenten und sei Mitglied eines europaweiten Netzwerks, das Hehlerei mit diesen betreibt.

In seiner Urteilsbegründung hat das Gericht offenbar auch handwerkliche Nachlässigkeiten der RBB-Journalisten angekreidet. Demnach hatten sie dem Brandenburger Unternehmen nicht die Möglichkeit gegeben, Stellung zu beziehen. So monierten die Richter nach Kocks‘ Darstellung, dass der RBB es versäumt habe, den Betroffenen vor der Veröffentlichung der Beiträge die Möglichkeit einzuräumen, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Auch sei es nicht ausreichend, dass der Fernsehsender Lunapharm-Chefin Susanne Krautz-Zeitel im Vorfeld lediglich um ein Fernsehinterview gebeten habe. Krautz-Zeitel hat zwischenzeitlich angekündigt, sich im Juli selbst ausführlich äußern zu wollen.

Neun Aussagen hat das Gericht allerdings nicht untersagt, sie seien von der Verdachtsberichterstattung gedeckt. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Aussagen über die möglicherweise mindere Qualität der von Lunapharm gehandelten Arzneimittel. Das Informationsinteresse der Bevölkerung sei in diesen Fällen höher einzustufen als das Schutzbedürfnis von Lunapharm. Außerdem habe sich Kontraste in seinen Berichten als Quelle auf den griechischen Gesundheitsminister bezogen.

Beim RBB wiederum betont man, dass das Urteil nicht die gesamten Erkenntnisse von Panorama infrage gestellt habe. „Das Gericht hat der Klage von Lunapharm nur in Teilen stattgegeben und die Schadensersatzforderung komplett zurückgewiesen“, heißt es vom Sender. „Wir sind weiter von der Richtigkeit unserer Recherchen überzeugt, werden das Urteil eingehend prüfen und behalten uns explizit vor, Berufung einzulegen. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Potsdam gegen Lunapharm laufen weiter. “