Unabhängig vom Krankheitsstadium

Lipödem: Liposuktion wird Kassenleistung 18.07.2025 12:44 Uhr

Berlin - 

Darauf haben etliche von Lipödem betroffene Frauen gewartet: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat weitreichende Beschlüsse zur Behandlung des Lipödems gefasst. Konkret: Zukünftig können gesetzlich Versicherte mit einem diagnostizierten Lipödem unter bestimmten Voraussetzungen eine Liposuktion als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erhalten. Und zwar unabhängig vom Stadium der Erkrankung.

Bisher war dieser operative Eingriff nur im Stadium III im Rahmen einer befristeten Ausnahmeregelung erstattungsfähig. Grundlage für die neuen Beschlüsse sind erste Ergebnisse der vom G-BA beauftragten Lipleg-Studie, die den medizinischen Nutzen der Liposuktion belegen.

Der G-BA hatte die Lipleg-Studie initiiert, um belastbare Erkenntnisse zum Nutzen und den Risiken der Liposuktion bei Lipödem zu gewinnen. Grund dafür war die unzureichende Studienlage zum Zeitpunkt des ursprünglichen Bewertungsverfahrens. Erste Ergebnisse der Studie zeigen nun, dass die operative Behandlung gegenüber einer rein konservativen Therapie deutliche Vorteile bietet. Weitere Ergebnisse, beispielsweise zur Notwendigkeit von Wiederholungseingriffen, stehen aber noch aus.

Was ist ein Lipödem?

Das Lipödem ist eine chronische, fast ausschließlich bei Frauen auftretende Erkrankung, die durch eine disproportionale und symmetrische Fettverteilungsstörung an den Extremitäten gekennzeichnet ist. Die krankhafte Vermehrung des Unterhautfettgewebes tritt vorrangig an den Beinen und gegebenenfalls auch an den Armen auf. Hände und Füße bleiben in der Regel ausgespart. Die Betroffenen leiden häufig unter starken Schmerzen, was den Alltag erheblich beeinträchtigen kann. Hinzu kommt eine Neigung zu Hämatomen, ein Schwere- sowie Hitzegefühl in den Beinen und Schwellungen, die sich tagsüber verstärken können.

Dabei ist der Verlauf individuell sehr unterschiedlich. Bei einigen Patientinnen stabilisieren sich die Symptome, bei anderen schreitet die Erkrankung fort und führt zu zunehmenden Beschwerden.

Liposuktion als Kassenleistung

Die Liposuktion ist ein operativer Eingriff, bei dem das krankhaft veränderte Fettgewebe entfernt wird. Sie kann zu einer deutlichen Linderung der Schmerzen sowie einer Verbesserung der Beweglichkeit beitragen. Vor dem operativen Eingriff ist eine konservative Behandlung zwingend erforderlich. Diese muss über mindestens sechs Monate kontinuierlich durchgeführt worden sein und umfasst beispielsweise eine Kompressions- und Bewegungstherapie. Erst wenn diese Maßnahmen keine ausreichende Linderung bewirken, kann eine Liposuktion als GKV-Leistung verordnet werden.

Wann zahlt die Kasse?

  • bei einer fachärztlichen Diagnose im Vier-Augen-Prinzip
  • bei nachweislicher Gewichtsstabilität oder -abnahme über sechs Monate
  • Liposuktion muss von erfahrenen Fachärztinnen und Fachärzten durchgeführt werden
  • Die gesamte Behandlung muss in ein interdisziplinäres Konzept eingebettet sein, insbesondere bei begleitender Adipositas. Bei einem BMI über 35 kg/m² muss diese zuerst behandelt werden.
  • bei einem Nachweis, dass durch konservative Maßnahmen keine ausreichende Linderung erfolgte

Qualitätssichernde Anforderungen

Der Leidensdruck der Betroffenen sei dem G-BA von Anfang an bewusst gewesen, betont Dr. Bernhard van Treeck, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Methodenbewertung. „Eine frühere Entscheidung über eine reguläre und unbefristete Aufnahme der Liposuktion in die GKV war jedoch rechtlich nicht möglich, solange kein belegter medizinischer Nutzen vorlag“, erklärt er. „Ziel des G-BA ist es, auf Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Richtlinien fortlaufend anzupassen.“

Mit dem Beschluss hat der G-BA auch qualitätssichernde Anforderungen festgelegt. Diese betreffen unter anderem:

  • die Qualifikation der indikationsstellenden und operierenden Ärzt:innen
  • die Planung des Eingriffs
  • die postoperative Nachsorge

Die Beschlüsse werden nun dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) zur rechtlichen Prüfung vorgelegt und treten nach Nichtbeanstandung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Bevor die Liposuktion auch in den Stadien I und II als ambulante Leistung der GKV erbracht werden kann, müssen die Abrechnungsziffern im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) durch den Bewertungsausschuss von Ärzten und Krankenkassen festgelegt werden. Diese soll laut G-BA bis zum 1. Januar 2026 vorliegen.