Landversorgung

Unterschriften für Apotheken-Rettung Maria Hendrischke, 23.07.2015 12:35 Uhr

Berlin - 

Im mecklenburgischen Neukalen wurden im vergangenen halben Jahr zwei Arztpraxen geschlossen. Weil mit den Ärzten auch Rezepte und Patienten wegblieben, wollte Inhaberin Veronika Kaminski die Rats-Apotheke im Ort aufgeben. Dagegen protestierten die Bürger: Mehr als 200 Unterschriften kamen gegen die Schließung zusammen. Nun übernimmt die erst kürzlich approbierte Franziska Martens zum 1. August die Apotheke in ihrer Heimatregion.

„Neukalen hatte bis November 2014 drei Allgemeinmediziner und einen Zahnarzt“, berichtet Hans Kaminski, der derzeit seine Mutter bei der Leitung der Rats-Apotheke unterstützt. Von einem Allgemeinmediziner sei schon länger bekannt gewesen, das er sich im Alter von mehr als 70 Jahren im Sommer zur Ruhe setzen werde. Einen Nachfolger gebe es bisher noch nicht.

Dabei blieb es nicht: „Eine zweite Allgemeinmedizinerin hat ihre Praxis überraschend zum Dezember 2014 geschlossen, ebenfalls ohne Nachfolger“, erzählt Kaminski. Die Anzahl der Verordnungen sei daraufhin massiv eingebrochen. „Daher hat sich meine Mutter Ende letzten Jahres schweren Herzens entschlossen, die Apotheke zu schließen“, erklärt Kaminski.

Seit 1795 gibt es die Apotheke in Neukalen, einer Kleinstadt in der mecklenburgischen Schweiz. Gegründet hat sie der Kaufmann Johann Carl August Giffenig, der nicht nur Medikamente, sondern auch Gewürze, Wein, Tabak und Essig verkaufte.

Kaminski führt die Eichen-Apotheke im nahe gelegenen Stavenhagen. Eine Übernahme der Apotheke in Neukalen kam für ihn jedoch nicht in Frage: „Die Finanzierung eines Filialleiters steht in meinen Augen immer auf der Kippe – gerade mit nur einem Arzt im Ort“, so Kaminski. Zugleich sei er mit seiner eigenen Apotheke schon so ausgelastet, dass ihm für eine Filiale nicht ausreichend Zeit bliebe.

Die Rezept- und Patientenverluste zeigten ihm zudem, dass viele Patienten neben einem neuen Hausarzt auch eine andere Apotheke im Nachbarort gefunden hätten. Gerade Stammkunden habe er im vergangenen halben Jahr nicht in der Rats-Apotheke gesehen. „Auch wenn viele Neukalener sagen, dass sie es schade finden, dass es im Ort immer weniger Geschäfte gibt, gewinnt anscheinend die Bequemlichkeit“, vermutet er.

Kaminski habe sich über die Unterschriftenaktion der Bürger zum Erhalt der Apotheke gefreut. Die Initiative habe seine Mutter und ihn jedoch in ihrem Entschluss nicht beeinflussen können. Seine Mitarbeiter hätten jedoch die junge Apothekerin Martens gefragt, ob sie die Apotheke übernehmen könne, so Kaminski.

Martens hat in Greifswald studiert und erst im Januar ihre Approbation erhalten. Vor etwas mehr als einem Jahr ist sie nach Neukalen gezogen. Sie hatte bereits im vergangenen Dezember von der geplanten Schließung der Rats-Apotheke erfahren. Damals wurde sie von Apothekenmitarbeitern gefragt, ob sie die Apotheke nicht übernehmen könne. Doch Martens hatte gezögert: Zum einen erschienen ihr die Zukunftsaussichten zu unsicher. Zudem wollte sie ursprünglich in der Nachbargemeinde Gnoien, ihrem Heimatort, als angestellte Apothekerin anfangen.

Doch nach einem Gespräch mit Bürgermeister Willi Voß im Juni änderte Martens ihre Pläne. Er habe berichtet, dass eine neue Arztpraxis in den Ort kommen würde. „Außerdem konnte mir die Vermieterin im Mietpreis entgegen kommen. Und auch Frau Kaminiski hat ein sehr gutes Angebot gemacht“, ergänzt sie. Unter diesen Bedingungen stimmte sie zu, die Apothekenleitung zum 1. August zu übernehmen.

„Ich freue mich auf den August“, sagt Martens. „Aber natürlich bin ich auch aufgeregt, dass es etwa mit der Betriebserlaubnis alles klappt.“ Viel Praxiserfahrung hat sie zwar noch nicht, aber sie ist zuversichtlich: Vor ihrem Studium habe sie bereits als PTA in einer Apotheke gearbeitet.