Durchsuchungen

Kickbacks: Ex-Kammervize unter Verdacht APOTHEKE ADHOC, 29.08.2016 10:49 Uhr

Berlin - 

Wegen Verdachts auf illegale Kickback-Zahlungen an Apotheken haben Ermittler in der vergangenen Woche 13 Objekte in Hamburg und Bayern durchsucht. Bislang sind fünf Apotheken betroffen, wobei nach Informationen von APOTHEKE ADHOC vier zu einem Filialverbund gehören. Die Beteiligung der fünften Apotheke bietet standespolitischen Zündstoff.

Am vergangenen Dienstag griffen die Fahnder zu: 58 Beamte durchsuchten elf Objekte in Hamburg; parallel waren acht Polizisten in Münchberg bei Hof sowie in der Gegend von Dachau im Einsatz. Die Staatsanwaltschaft hatte beim Amtsgericht Hamburg zunächst zwölf Durchsuchungsbeschlüsse erwirkt; im Laufe des Einsatzes erging ein weiterer Durchsuchungsbeschluss auf dem Eilweg. Rund 150 Aktenkartons sowie verschiedene Datenträger wurden sichergestellt.

In dem Fall geht es um gewerbsmäßigen Betrug: Einer 40-jährigen Frau und einem 45-jährigen Mann wird vorgeworfen, seit Januar 2013 als Geschäftsführer zweier Firmen von verschiedenen Herstellern Medikamente in großen Mengen mit Rabatten zwischen 10 und 60 Prozent erworben zu haben. Diese sollen sie Apotheken zum normalen Preis in Rechnung gestellt haben, die ihrerseits gegenüber den Krankenkassen offenbar den Listenpreis abrechneten.

Laut Staatsanwaltschaft besteht daher der Verdacht, dass die Differenz zwischen dem Rabatt- und Listenpreis an die Apotheken rechtswidrig als Kickback rückvergütet wurde. Die Apotheken sollen im Gegenzug fingierte Rechnungen für nicht erbrachte Leistungen an die Firmen gestellt haben.

Monatelang haben Staatsanwaltschaft und das Fachdezernat für Wirtschaftsdelikte des Landeskriminalamts bereits ermittelt; woher der Tipp kam, wollten sie nicht verraten. Auch über die Hersteller und die Art der Produkte werden zum derzeitigen Zeitpunkt keine Angaben gemacht. Es seien aber verschiedenste Präparate von ganz unterschiedlichen Firmen betroffen.

Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC handelt es sich bei den beiden durchsuchten Firmen um die Zwischenhändler Av. und Ad., hinter denen der Kaufmann Manuel K. und die Apothekerin Eva-Maria F. stehen. K. hatte bis 2012 für Zytoservice* gearbeitet, F. hatte sich 2010 mit einer Apotheke in Hamburg selbstständig gemacht. Mittlerweile gehören zum Verbund drei Filialen.

Gemeinsam hatte das Duo 2009 die Homecare-Firma A. Med aufgebaut, die sich ursprünglich der „pharmakoökonomischen und pharmakologischen Forschung und Beratung sowie allen damit direkt oder indirekt im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten“ verschrieben hatte. Heute präsentiert sich das Unternehmen als Homecare-Anbieter mit Schwerpunkt auf den Bereichen parenterale/enterale Ernährung, Rehydration, Wundversorgung, Inkontinenz, Zytostase/Chemotherapie, Port- und Tracheostomaversorgung sowie Schmerz- und subcutane Immunglobulintherapie.

Ende 2011 kam die Firma A. Pflege dazu, die seitdem verschiedene ambulante Pflegedienste in verschiedenen Regionen Deutschlands übernommen hat. Heute gibt es Dependancen in Hamburg sowie in Berlin/Brandenburg, auch in Landshut scheint die Firma über einen Ableger aktiv zu sein.

Ob dieser Bereich bei den mutmaßlichen Kick-back-Zahlungen eine Rolle gespielt hat, ist derzeit nicht bekannt. Die Indikationen würden zum Sortiment passen, das einer der Zwischenhändler auf seiner Website als Schwerpunkt führt: Onkologie, Nephrologie, Immunologie, Ernährung (parenteral und enteral), Wundversorgung, moderne Wundversorgung, ableitende Inkontinenz, Stoma-Versorgung, Medicalprodukte.

Die zweite beschuldigte Apothekerin ist nach Informationen von APOTHEKE ADHOC Barbara S. Sie hatte vor einigen Jahren eine Apotheke in Hamburg übernommen, die sie bis dahin als Filialleiterin geführt hatte. S. soll sehr intensiv mit dem Zwischenhändler zusammengearbeitet haben; für eine Stellungnahme war sie, genauso wie K. und F., bislang nicht zu erreichen.

Sollte sie tatsächlich Kickbacks angenommen haben, könnte der Fall eine Angelegenheit für die Kammerversammlung werden: S. ist berufspolitisch engagiert und war in der Vergangenheit sogar Stellvertreterin von Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen.



* Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Beitrags hatte es geheißen, Manuel K. habe früher für die Sanacorp gearbeitet. Tatsächlich kommt einer seiner leitenden Angestellten von der Genossenschaft. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.