Interview Apotheke Uniklinik Mainz

„Ich habe in unser System vertraut“ Yvette Meißner, 22.10.2010 10:54 Uhr

Berlin - 

Als vor zwei Monaten an der Universitätsklinik in Mainz drei Säuglinge nach Verabreichen einer kontaminierten Infusionslösung starben, stand auch das Sterillabor der Krankenhauspotheke unter Verdacht. Insgesamt 75.000 aseptische Rezepturen fertigt die Apotheke pro Jahr an. Den Ermittlungen zufolge war eine der Ausgangslösungen mit Bakterien belastet. APOTHEKE ADHOC sprach mit der Direktorin der Apotheke, Professor Dr. Irene Krämer, über den Vorfall und die Konsequenzen für die aseptische Herstellung in Apotheken.

ADHOC: Wie haben Sie die zwei Wochen erlebt?
KRÄMER: Es war sehr anstrengend. Wir waren schockiert über die Ereignisse und mein dringendster Wunsch war, herauszufinden, wo, wann und warum das passieren konnte. Im Rückblick sind wir dankbar für die Solidarität, die uns von allen Seiten entgegen gebracht worden ist. Die Verantwortlichen in der Klinik haben uns keine voreiligen Vorwürfe gemacht.

ADHOC: Wer hätte - im Falle eines Fehlers durch die Apotheke - gehaftet?
KRÄMER: Gehaftet hätte die Betriebshaftpflicht. Die Verantwortung hätte ich als Leiterin der Apotheke übernehmen müssen. Aber ich habe in unser System und unsere Mitarbeiter vertraut.

ADHOC: Welche Konsequenzen gab es für den Apothekenalltag?
KRÄMER: Der Vorfall hat uns sehr berührt, und wir sind uns unserer Verantwortung mehr denn je bewusst. In den Herstellungsprozessen für aseptische Rezepturen selbst haben wir nichts geändert. Wir haben jetzt eingeführt, Restlösungen mit Datum zu versehen und eine Woche aufzuheben. Auch andere Apotheken setzen auf diese zusätzliche Kontrolle.


ADHOC: Hätte der Fehler verhindert werden können?
KRÄMER: Bei uns nicht. Die Staatsanwaltschaft kam zu dem Schluss, dass die Ursache der Verunreinigung nicht bei der Herstellung zu suchen ist. Nun werden die Ursachen vorrangig im Herstellungsprozess der Infusionslösung und beim Transportweg gesucht. Wenn sich herausstellt, dass es in diesen Bereichen eine Schwachstelle gibt, wird man versuchen, die zu beheben.

ADHOC: Im Zuge der Diskussion sind Forderungen nach bundeseinheitlichen Hygieneregeln für Krankenhäuser laut geworden. Inwieweit besteht der Bedarf für Klinikapotheken?
KRÄMER: Wir haben einheitliche Regeln für die Herstellung. Es gibt die Leitlinien zur aseptischen Herstellung vom Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) und der Bundesapothekerkammer (BAK) sowie die internationale Richtlinie der Pharmaceutical Inspection Convention (PIC). Diese müssen eingehalten werden.

ADHOC: Müssen die Herstellungsprozesse für Parenteralia generell überprüft werden?
KRÄMER: Die Frage ist, welche Kontrollen und Untersuchungen zusätzlich eingeführt werden können, um die Sicherheit weiter zu verbessern. Auf Fortbildungen wird unser Fall öfter diskutiert. Ich gehe aber auch davon aus, dass man als Apotheker die nötige Sach- und Fachkenntniss hat und weiß, wie solche Dinge durchgeführt werden müssen. Qualitätsmanagementsysteme sind eine zusätzliche Hilfe, um Prozesse zu verbessern. Viele Apotheken sind zertifiziert, wir auch. Man wird immer etwas finden, was verbessert werden muss, das ist auch gut.