Ärzte bieten Impfung zu selten an

Herpes zoster: Barmer sieht „massive Impflücke“ 25.09.2025 11:27 Uhr

Berlin - 

Nur etwa jeder fünfte Deutsche über 60 ist einer Auswertung der Krankenkasse Barmer zufolge vollständig gegen Gürtelrose (Herpes zoster, HZV) geimpft – obwohl es für Menschen in dem Alter eine Impfempfehlung gibt. Das geht aus dem neuen Arzneimittelreport der Barmer hervor. Die Ergebnisse beziehen sich auf den Zeitraum von 2019 bis 2023. Für den Report hat die Barmer Daten ihrer Versicherten ab 18 Jahren einbezogen. Die Barmer versichert bundesweit rund 8,4 Millionen Menschen.

Dem Barmer-Report zufolge ist die Impfquote bei älteren Patientinnen und Patienten ab 80 Jahren besonders niedrig. Obwohl sie als besonders gefährdet gelten, lag die Impfquote im betrachteten Zeitraum bei nur knapp 16 Prozent, wie die Barmer mitteilte.

„Impfquote absolut unzureichend“

„Die HZV-Impfung verringert das Erkrankungsrisiko einer Gürtelrose erheblich. Die bisherige Impfquote ist jedoch absolut unzureichend. Die Versicherten haben Anspruch auf die Impfung und sollten diese auch angeboten bekommen“, so Barmer-Vorstandschef Professor Dr. Christoph Straub. Die niedrige Quote kann der Krankenkasse zufolge auch damit zusammenhängen, dass manche Hausärztinnen und Hausärzte die Impfung nicht aktiv anbieten. Eine Vermutung hierzu belegt die Kasse mit Unterschieden bei der praxisindividuellen Organisation beim Angebot von Schutzimpfungen: Praxen mit geringer Herpes-zoster-Impfrate impften auch seltener gegen Influenza. Demzufolge sei davon auszugehen, dass es keine selektive Impfskepsis explizit gegen HZV gebe.

Deutschlandweit gebe es große Unterschiede zwischen den Praxen. „Stark variierende HZV-Impfquoten legen die Vermutung nah, dass nicht alle hausärztlichen Praxen gleichermaßen strukturiert ihren Impfberechtigten die Herpes-zoster-Impfung anbieten. Impfen ist grundsätzlich Aufgabe aller Praxen. Ob einem Patienten die indizierte Impfung angeboten wird, darf nicht davon abhängen, zu welchem Hausarzt er geht“, sagte Straub.

Der Report zeige, dass die Impfung wirke: 2023 erkrankten 11,4 je 1000 ungeimpfter und 4,1 je 1000 geimpfter Versicherten an Gürtelrose. „Die Impflücken bei Herpes zoster sind zuletzt größer geworden, anstatt kleiner. Hier muss dringend gegengesteuert werden. Es sollte sichergestellt werden, dass diejenigen, für die die Impfung empfohlen wird, auch diese Information und ein Impfangebot erhalten“, so der Autor des Arzneimittelreports, Professor Dr. Daniel Grandt, Chefarzt am Klinikum Saarbrücken.

Auch regional waren die Unterschiede groß: In den östlichen Bundesländern sind die Impfquoten laut Report am höchsten und fallen ab von 29,3 Prozent in Sachsen-Anhalt auf 15,4 Prozent in Bayern und 15,2 Prozent in Baden-Württemberg als Schlusslicht. „Diese regionalen Unterschiede haben wir zuvor bereits bei Kinderimpfungen erkannt. Sie zeigen, in welchen Regionen Informations- und Aufklärungskampagnen zu Schutzimpfungen besonders wichtig sind“, so Grandt.

Impfung seit 2018 empfohlen

Gürtelrose wird wie Windpocken durch Varizella-Zoster-Viren verursacht. Eine Infektion kann einen schmerzhaften Ausschlag verursachen. Prinzipiell kann jeder, der einmal Windpocken hatte, an Gürtelrose erkranken. Nach einer Windpocken-Infektion nisten sich Viren im Körper ein, die wieder aktiv werden können, wenn das Immunsystem schwächer wird, zum Beispiel im Alter.

Seit Ende 2018 empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) allen Menschen ab 60 die Impfung gegen Gürtelrose. Für bestimmte Risikogruppen wird der Impfstoff schon ab 50 empfohlen. Dazu zählen unter anderem Menschen mit einem geschwächten Immunsystem oder Grunderkrankungen wie zum Beispiel Diabetes oder Asthma. Für die genannten Personengruppen übernehmen die Kassen seit 2019 die Kosten der Impfung. Der Impfstoff wird zweimal im Abstand von maximal sechs Monaten geimpft.

Impfstoff-Hersteller GSK weist auf Prävention hin

„Wir begrüßen den diesjährigen Barmer Arzneimittelreport, der die Schwere einer Herpes-zoster-Erkrankung darstellt und gleichzeitig den unzureichenden Schutz der Bevölkerung offenbart“, so Dr. Kai Richter, Vice President und Medical Head Germany bei GSK Deutschland. Besonders betroffen seien Ältere und Patient:innen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Nieren- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

„Der Report macht deutlich, wie wichtig Prävention ist – gerade in einer alternden Gesellschaft und angesichts der aktuellen Herausforderungen im deutschen Gesundheitssystem. Impfungen im Erwachsenenalter spielen dabei eine Schlüsselrolle, um Krankheiten vorzubeugen und die Gesundheit langfristig zu sichern. Nicht zuletzt deshalb unterstützen wir ausdrücklich sämtliche niederschwelligen Impfangebote.“