Arzneimittelmissbrauch

Pillenmix für Adolf Hitler APOTHEKE ADHOC, 14.12.2015 15:07 Uhr

Berlin - 

82 verschiedene Präparate soll Adolf Hitler eingenommen haben – bis zu acht verschiedene Arzneimittel waren es täglich. Der Film „Krankenakte Hitler“ geht der Frage nach, wie es gesundheitlich um den Führer bestellt war. Ausgewertet wurden Unterlagen aus Archiven und Privatbesitz, etwa dem Nachlass seines Leibarztes Theodor Morell. Auch ein Buch beschäftigt sich mit dem Drogenkonsum Hitlers.

Anfang 1941 nahmen Zeitgenossen beim Diktator erstmals ein Zittern des linken Arms wahr. Die letzten Aufnahmen von Hitler zeigen ihn als zitterndes Wrack, was bisher einer Parkinson-Erkrankung zugeschrieben wurde. Einige Forscher vermuten, dass dies auch eine Folge des jahrelangen Medikamentenmissbrauchs gewesen sein könnte. Morell wurde nach Ende des Zweites Weltkrieges von Kollegen bezichtigt, er habe Hitler „mit Drogen vollgepumpt“ und völlig falsch behandelt.

Hitler nahm den Recherchen zufolge sowohl harmlose Substanzen wie Traubenzucker und Vitamine, als auch abhängig machende Medikamente wie Morphium und barbiturathaltige Schlafmittel. Andere Pillen, die er einnahm, sollen das Nervengift Strychnin enthalten haben.

Von 1944 an gab Morell seinem Patienten jeden Tag nach dem Aufstehen eine „Kraftspritze“. Zeitgenossen vermuteten, dass es sich dabei um das Aufputschmittel „Pervitin“ handelte, ein Metamphetamin. Heute ist die Substanz, die zu den gefährlichsten Drogen gehört, unter dem Namen „Crystal Meth“ bekannt. Der Film ist heute ab 21 Uhr auf Phoenix zu sehen, am Dienstag kommen drei Wiederholungen.

Mit dem Drogenkonsum Hitlers und der deutschen Wehrmacht befasst sich auch Normal Ohler in seinem Buch „Der totale Rausch“. Das Buch ist das erste Sachbuch des Berliner Autors, der sich mit „Die Quotenmaschine“, „Mitte“ und „Stadt des Goldes“ einen Namen gemacht hat.

Anhand von zahlreichen Dokumenten beschreibt Ohler den massenhaften Drogenkonsum in den Reihen der Wehrmacht und von Hitler selbst. Dafür hat er den Nachlass von Morell ausgiebig untersucht und viele bisher unbekannte oder verschlossene Archivquellen genutzt. Ursprünglich plante Ohler, mit dem Material einen weiteren Roman zu schreiben, doch sein Verleger überredete ihn zu einem Sachbuch.

„Der totale Rausch“ überzeugt so auch mit einer Mischung aus gut recherchierten Fakten und einer spannenden Erzählweise. Szenisch schildert Ohler Gespräche zwischen Hitler und Morell, wie sich der Diktator vor großen Auftritten dopen ließ oder wie die Marine in Konzentrationslagern untersuchte, welche Drogenkombinationen am längsten wach halten.

An manchen Stellen wirken Ohlers Beschreibungen etwas übertrieben, denn sicher sind der Drogenkonsum Hitlers und der Pervitin-Gebrauch in der Wehrmacht nicht die einzigen Gründe für Hitlers Größenwahnsinn und den Zweiten Weltkrieg. Der Autor ordnet sein Buch selbst ein: „Hier wird nicht die Lösung des Rätsels präsentiert, sondern eine bestimmte Lesart offeriert.“

Ohler räumt ein, nicht den Anspruch zu erheben, die historischen Begebenheiten exakt so zu beschreiben, wie sie sich wirklich zugetragen haben. „Tatsächlich greife ich in einen Indizienprozess ein, an dem sich die Gelehrten seit über sieben Dekaden die Zähne ausbeißen“, schreibt er.

Ohler hält die Akteure durch ihren Drogenkonsum nicht für weniger schuldig: Das dunkelste Kapitel der Geschichte sei nicht etwa deshalb entgleist, weil zu viele Suchtmittel eingenommen worden seien, schreibt er. „Diese verstärkten nur, was ohnehin angelegt war.“ Hitlers ideologische Wahnwelt sei nicht das Resultat der Drogen, sondern bereits früher festgelegt, betont Ohler. „Auch mordete Hitler nicht aufgrund einer Umnebelung, im Gegenteil, er blieb zurechnungsfähig bis zum Schluss“, schreibt er. Für ihn ist klar: „Es mindert nicht seine monströse Schuld.“