Protesttag in Schleswig-Holstein

„Es kann so nicht weitergehen“ Julia Germersdorf, 03.05.2023 15:07 Uhr

Die nordfriesische Hauke Haien Apotheke in Langenhorn bleibt am Protestvormittag geschlossen. Foto : Lukas Ketelsen
Berlin - 

Am kommenden Dienstagvormittag soll in Schleswig-Holstein gestreikt werden. Der Apothekerverband (AVSH) bittet alle Apotheker:innen, ihre Betriebe möglichst von 8 bis 14 Uhr geschlossen zu halten, um ein deutliches Zeichen für eine bessere Bezahlung und gegen des rasante Apothekensterben zu setzen. Auch das Team der Hauke Haien Apotheke in Langenhorn beteiligt sich an dem Protest.

Lukas und Henrike Ketelsen betreiben mit einem kleinen Team die Landapotheke in Nordfriesland. Sie versorgen Patient:innen im Umkreis von etwa 20 Kilometern – und damit alle dieser Region. „Wir können nicht größer werden. Wir sind bei 100 Prozent angekommen“, berichtet Lukas Ketelsen. „Bei uns ist das Ende der Fahnenstange erreicht.“

Heilberufsauftrag geht vor

Das Team werde sich definitiv am Streik beteiligen, aber gleichzeitig auch sicherstellen, dass wichtige Rezepte beliefert werden. Alles, was medizinisch und zu diesem Zeitpunkt nötig ist, werde selbstverständlich versorgt. „Ich werde kein Kind mit Scharlach wegschicken und sagen ‚Komm heute Nachmittag wieder‘, wenn wir vielleicht die Apotheke sind, die an diesem Tag gerade einen Antibiotika-Saft dastehen hat.“

Es werde nicht ansatzweise gesehen und verstanden, welchen Beitrag die deutschen Apotheken momentan leisten, um die katastrophale Situation des Medikamentenmangels abzupuffern.

„Nichtsdestotrotz haben wir die Chance als Apothekerschaft, auf diese Probleme aufmerksam zu machen. Deswegen ist es auch so wichtig, diesen Streik mitzumachen und in irgendeiner Form eine Maßnahme zu ergreifen, bei der wir mit den Kund:innnen in Kontakt kommen. Und sei es drum, dass man nur an einer Kasse bedient und Wartende aufklärt, warum das jetzt gerade passiert.“

„Wir haben keinen Einfluss auf unsere Marge“

Die Apothekerschaft sei in eine Lage geraten, in der sie dieses Jahr auf ein Vergütungsniveau von dem vor 20 Jahren zurückgegangen sei. Das habe enorme Konsequenzen, die für alle Beteiligten dramatisch seien.

Auch für Angestellte: Ketelsen ist der Meinung, dass „Mitarbeiter:innen viel mehr verdienen sollten, als es die Tarifverträge abbilden.“ Die derartig schlechte Lohnentwicklung sei der rückläufigen und inzwischen defizitären Vergütung geschuldet. Und diese passe nicht zur sonstigen gesellschaftlichen Entwicklung.

Deshalb sei es nun wichtiger denn je, geschlossen und entsprechend zu agieren und sich nachhaltig Gehör zu verschaffen. „Denn es kann so nicht weitergehen.“ Für das Überleben der Apotheken sei Planungssicherheit zwingend notwendig.

Dazu gehöre auch das Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Medikamente. „Das ist ganz wichtig und wird leider oft vergessen. Doch es ist für die Zukunft der Apotheken absolut entscheidend.“ Versender würden mit 10 bis 30 Prozent Marktanteil im Rx-Segment planen. „Dieser könne nur aus eben denselben Apothekenschließungen resultieren. Aber es handelt sich bei Versendern eben nicht um vollversorgende Modelle, und deshalb ist das nicht in Ordnung.“