ADAC

Apotheker für die „gelben Engel“ Mimoza Troni, 19.06.2016 08:17 Uhr

Berlin - 

Einmal im Monat fährt Frederik Schöning zum Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC). Im Gepäck hat er Notfallmedikamente für die Rettungshubschrauber des Vereins. Der Inhaber der Eschendorf-Apotheke in Rheine kam zufällig zu dieser Aufgabe, ist aber hellauf begeistert.

Schöning beliefert die Rettungshubschrauber des ADAC seit einem Jahr mit Arzneimitteln. Der Inhaber von vier Apotheken transportiert die Medikamente persönlich zu den beiden Standorten in Rheine beziehungsweise Greven. Von dort heben die Hubschrauber ab und fliegen zu Rettungseinsätzen beziehungsweise führen ambulante Krankentransporte durch.

Wenn beispielsweise ein Patient in ein anderes Krankenhaus verlegt werden muss, beginnt der Transport in Greven. 30 Minuten braucht Schöning zu diesem Standort, nach Rheine sind es 10 Minuten. Im Gepäck hat der Apotheker verschiedene Arzneimittel wie Herz-Kreislauf-Medikamente zur intravenösen Anwendung: Arterenol (Norepinephrin) bei Erstickungsnot, das Thrombolytikum Metalyse (Tenecteplase), das Narkotikum Propofol oder Volulyte (Hydroxyethyl) zur Volumenersatztherapie. Die Ausstattung sei teilweise „eher exotisch“ und nicht vergleichbar mit den Medikamenten, die in der Apotheke abgegeben würden, sagt er.

Schöning kam per Zufall zum ADAC. Der Verein suchte im vergangenen Sommer nach einem Ersatz, da die Krankenhausapotheke Greven wegen Schließung ausgefallen war. „Wie sie auf uns gekommen sind, weiß ich nicht. Sie haben uns wahrscheinlich gegoogelt.“ Allerdings musste er zwei Kriterien erfüllen, um die Rettungshubschrauber versorgen zu können: Der ADAC fordert eine streng geführte Medikamentenliste und die Bereitschaft, auch im Akutfall zu liefern. „Dazu ist es aber noch nie gekommen“, sagt der 38-Jährige.

Die Liste sei wichtig, da die Ärzte für Notfälle auf einen bereits gepackten Rucksack zugreifen. Im Einsatz müssten alle Handgriffe sitzen: immer die gleichen Medikamente vom selben Hersteller. Denn wenn plötzlich eine neue Verpackung in der Tasche ist, dann stutzt der Arzt erst einmal. Dafür sei im Notfall aber keine Zeit, so Schöning.

Die Vereinbarung zwischen der Eschendorf-Apotheke und dem ADAC fällt in die Kategorie „Krankenhausversorgung“. Dafür war eine Genehmigung des Gesundheitsamtes des Kreises Steinfurt notwendig. Für Arzneimittel außerhalb der Notversorgung kooperiert der ADAC mit dem Rettungsdienst vor Ort.

Schöning hat mit dem ADAC einen Vertrag geschlossen. Darin sei auch die Bezahlung geregelt. Der Apotheker bestellt die Medikamente bei den Herstellern. Gewinne mache er mit der Belieferung nicht. „Wir versorgen die Rettungshubschrauber, weil es Spaß macht und wir es wichtig finden“, so Schöning.

Und Spaß hat er jedes Mal, wenn er eine Auslieferung macht. Der Blick hinter die Kulissen sei spannend, die Gespräche mit Notärzten interessant. Die Mediziner trifft der Apotheker bei Fortbildungen, die der ADAC für das eigene Rettungspersonal anbietet. „Dazu haben Apotheker nicht immer die Gelegenheit.“ Auch seinen Approbierten stehen die Schulungen offen. Nur Mitfliegen, das durfte er bisher nicht.

Mit 55 Rettungshubschrauber an 37 Stützpunkten gehört der ADAC zu den größten Anbietern der Luftrettung. Insgesamt gibt es 71 dieser Standorte. Die Bundespolizei stellt weitere 22 Luftrettungszentren, der Bund zwölf.

Ihren Anfang machte die Luftrettung am 1. November 1970, als der erste ADAC-Rettungshubschrauber „Christoph 1” in München in Dienst gestellt wurde. Mithilfe des Freistaates Bayern, der Allianz-Versicherung und des Bundesverkehrsministeriums wurde das flächendeckende Rettungssystem entwickelt.