Abrechnungsbetrug: 500.000 Euro Schaden durch Apotheken 23.07.2025 08:49 Uhr
Pflegekräfte, die nie vor Ort gewesen sind, Kurse mit Fantasieteilnehmerinnen und -teilnehmern und Operationen, die nur auf dem Papier stattgefunden haben: Abrechnungsbetrug hat der KKH Kaufmännischen Krankenkasse im vergangenen Jahr einen Rekordschaden von 5,4 Millionen Euro eingebracht. Im Vorjahr waren es rund 3,5 Millionen Euro. Nicht nur der finanzielle Schaden stehe dabei im Raum, sondern auch der gesundheitliche für die Betroffenen in diesen Fällen, etwa wenn „beispielsweise schwerkranke Patient:innen gepanschte Medikamente erhalten“, so die KKH.
Den größten Schaden richteten mit Abstand ambulante Pflegedienste an – über 4,1 Millionen Euro. Es gingen 479 neue Hinweise auf mögliches Fehlverhalten im Gesundheitswesen bei der KKH ein. Die meisten Verdachtsfälle entfielen auf die ambulante Pflege (270), dahinter Physiotherapiepraxen (62) und Arztpraxen (21). Die häufigsten Betrugsmaschen: nicht erbrachte Leistungen, unqualifiziertes Personal und fehlende Zulassungen.
„Diese illegal erschlichenen Gelder fehlen in der medizinischen und pflegerischen Versorgung der Versicherten und können sich daneben auch auf die Höhe der Kassenbeiträge auswirken“, sagte KKH-Chefermittler Emil Penkov. Hinter den Zahlen steckten teils lebensgefährliche Situationen – etwa, wenn Pflegebedürftige von ungelerntem Personal versorgt würden.
Auch Apotheken (rund 500.000 Euro Schaden) und Krankenhäuser (rund 365.000 Euro) tauchen hinten in der Statistik auf – der Bereich Arzneimittel gehört jedoch mit ebenfalls knapp 500.000 Euro Schaden in die Top 3 der Leistungsbereiche nach Zahl der neuen Fälle/Hinweise 2024. Mehr als eine halbe Million Euro habe die KKH zurückgeholt.
Wenige bringen viele in Misskredit
Die hohen Summen, die im Gesundheitswesen stecken, seien „ganz offensichtlich ein Einfallstor für die Raffgier krimineller Leistungserbringer“, heißt es von der KKH mit Beispielen: Ein Arzt soll im zurückliegenden Jahr Operationen abgerechnet haben, die nie stattfanden, ein ambulanter Pflegedienst soll Pflegekurse für eine unrealistisch hohe Teilnehmerzahl geltend gemacht haben.
„Es sind immer nur einige wenige eines Berufsstandes, die durch Betrug und Korruption teils skrupellos Gelder abzweigen und dadurch ehrliche Leistungserbringer in Misskredit bringen“, so Penkov.
Um Betrug effektiver aufzudecken, fordert Penkov mehr spezialisierte Ermittlungsstellen in allen Bundesländern sowie den gezielten Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). „Wir müssen das Dunkelfeld proaktiv erhellen. KI-Algorithmen können Betrugsstrukturen und Fälle aus dem großen Pool an Abrechnungsdaten aller Kassen herausfiltern und zentral für alle Ermittler bereitstellen“, so Penkov. „Nur in eng vernetzter, professioneller Ermittlungsarbeit kann es gelingen, für Täterinnen und Täter vor Gericht rechtskräftige Verurteilungen zu erwirken – auch zwecks Abschreckung. Spezialisierte Strafverfolgungsbehörden sollte es daher in allen 16 Bundesländern geben.“
Aktuell zählt die KKH rund 1,5 Millionen Versicherte, ein Haushaltsvolumen von etwa 8,2 Milliarden Euro sowie rund 4000 Beschäftigte und gehört damit zu den großen gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland.