„Ich bin ein Jungunternehmer“

82-jähriger rettet seine Apotheke Carolin Ciulli, 07.02.2021 08:01 Uhr

Apotheker Horst Schmel, hier mit seiner Frau Ursula, ist 82 Jahre alt und nach sieben Jahren Pause zurück in der Offizin. Foto: Schmel
Berlin - 

Als Horst Schmel vor sieben Jahren die Leitung seiner Apotheken abgab, war er bereits 75 Jahre alt. Jetzt ist er zurück am HV-Tisch. Nachdem sein Pächter absprang und sich kein Nachfolger fand, entschied sich der heute 82-Jährige, die beiden Betriebe weiterzuführen. „Allein wegen meiner Mitarbeiter musste ich das tun“, sagt der Inhaber der Römer-Apotheke im bayerischen Gilching.

Schmel bezeichnet sich scherzhaft als „Jungunternehmer“ – ganz Unrecht hat er nicht. Denn in sieben Jahren hat sich in der Apotheke für ihn viel verändert: „Mit Telematik und E-Rezept habe ich viele Nächte verbracht“, sagt er. Der Arbeitsalltag habe sich enorm verändert. „Das ist ein Quantensprung. Allein das Wort Präqualifizierung, das gab es in diesem Ausmaß nicht.“ Bevor er aufgehört habe, habe man einfach in die Schublade gegriffen und gemeinsam mit dem Kunden den passenden Thrombosestrumpf gesucht. Jetzt müsse alles dokumentiert werden. Seine Mitarbeiter wollte er nicht mit dem Einlernen beschäftigen. „Wir haben einen Personalmangel, ich will sie lieber entlasten.“

Seit dem Herbst steht Schmel wieder täglich in der Apotheke, die er vor fünfzig Jahren erstmals betrieb. Drei Monate habe er nach einem Nachfolger gesucht. „Ich habe sehr gekämpft.“ Doch weder ein neuer Pächter noch ein Käufer habe sich gefunden. Seine zwei Landapotheken bot er auch im Familien- und Freundeskreis an, doch keiner wollte sie übernehmen. „Wir sind umsatztechnisch ein durchschnittlicher Betrieb.“ Vielleicht seien die Apotheken zu klein, vielleicht spiele das Mietverhältnis eine Rolle, vermutet der Apotheker.

Leicht ist ihm die Entscheidung nicht gefallen, wieder zurück in die Offizin zu gehen. Er wollte seinen 20 Mitarbeitern mitten in der Pandemie aber nicht kündigen. „Ich kann nicht einfach schließen“, sagt er. Die Angestellten seien teilweise seit Jahrzehnten mit an Bord, das Personal gehöre zur Familie. „Ich musste weitermachen.“

Seinen Entschluss bereut er nicht. „Die Situation bereitet mir große Freude“, sagt Schmel. Momentan ist er mit der Umrüstung seiner Apotheken auf die neuen digitalen Anforderungen beschäftigt. Nötig seien Hard- und Software für rund 10.000 Euro. „Die Installation, die Beantragung: Das ist ein unglaublicher Vorgang“, sagt er. Mit dem Computer zu arbeiten, sei für ihn keine Herausforderung. Das könne er gut.

Die Arbeit in der Apotheke verbindet er mit seinem Herzensprojekt. In den vergangenen Jahren hat er sich verstärkt um die Namaste-Stiftung gegründet, die er vor rund 20 Jahren mitgegründet hat. Sie unterstütze Bergdörfer in Nepal, die gerade von der medizinischen Versorgung weitgehend abgeschnitten sind. Insgesamt seien 8 Millionen Euro gespendet worden. Das Geld gehe eins zu eins in das Land. Auch die Eigenbeteiligung bei der FFP2-Abgabe spendet der Pharmazeut für die Stiftung.

Schmel fühlt sich fit und hat Pläne: „Ich hoffe, dass ich die Kraft für weitere zehn Jahre habe.“ Seine Energiequellen seien gute Gene und seine Frau. „Wir sind seit 60 Jahren zusammen, mit ihr kann ich alles schaffen.“