Apotheken-Pick-up

Zweifel am „Vorteil24“-Trick Alexander Müller, 18.05.2012 15:00 Uhr

Berlin - 

Pick-up-Konzepte nach dem Modell von „Vorteil24“ könnten es in Zukunft schwerer haben. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat Tricksereien mit der Mehrwertsteuer eine klare Absage erteilt. Der Kanzlei Hönig & Partner zufolge drohen den Kassen Steuernachzahlungen. Doch auch auf die bei „Vorteil24“ beteiligten Linda-Apotheken könnte noch Ärger zukommen, warnt der Steuerfachanwalt Dr. Bernhard Bellinger.

 

Die Montanus Apotheke in den Niederlanden ist offiziell keine Versandapotheke. Die Kunden lassen ihre Arzneimittel formal von einem Dienstleister – der Firma Sequalog – in Holland abholen. Bei dem Kauf wird dann der geringere niederländische Mehrwertsteuersatz von 6 Prozent veranschlagt. Aus Sicht des BMF ist dies bei GKV-Rezepten nicht möglich, da das Geschäft zwischen der Apotheke und der Krankenkasse zustande kommt, nicht mit dem Patienten.

„Wir teilen diese Einschätzung des Ministeriums und der Kanzlei Hönig & Partner“, sagt Bellinger. Doch auch bei Privatrezepten und OTC-Arzneimitteln sieht er ein Problem: Überschreitet Montanus eine Umsatzschwelle von jährlich 100.000 Euro mit direkten Lieferungen nach Deutschland, müssten die Umsätze in Deutschland versteuert werden – wie es bei den großen niederländischen Versandapotheken üblich sei.

„Die offenkundig zur Erlangung von Umsatzsteuervorteilen eher gekünstelte Verlagerung des Abgabeortes nach Holland kann diese Lieferschwelle meiner Ansicht nach nicht aufheben“, so Bellinger. Damit könne „Vorteil24“ als Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten gewertet werden. Dafür spreche auch die eher symbolische Transportgebühr.

 

 

Bei dieser Bewertung könnten die Finanzbehörden Montanus mit Steuernachforderungen überziehen. „Sollte Montanus diese eventuellen Steuernachforderungen dann nicht bedienen, wird sich der Fiskus sicher Gedanken machen, wie er sich bei den anderen Beteiligten an dem Konstrukt schadlos hält“, so Bellinger. Schließlich profitierten die Apotheken über ihre Provision selbst von der vermeintlichen Steuerersparnis. „Wir raten unseren Apotheker-Mandanten deshalb von einer Beteiligung an 'Vorteil24' ab“, so Bellinger.

Eine Stellungnahme von Linda zu dem BMF-Schreiben steht noch aus. „Mit Sicherheit werden wir das prüfen“, sagte eine Sprecherin. Panik bricht in Köln aber nicht aus: Das Konzept sei seit eh und je in der rechtlichen Prüfung, so die Sprecherin. Sie bestätigte aber, dass es durchaus Rückfragen von der Basis gebe.

In der Vergangenheit hatte Linda bei den Steuerfragen zu „Vorteil24“ stets an die Montanus Apotheke in den Niederlanden verwiesen. Auch das Verfahren vor dem Finanzgericht Düsseldorf, bei dem es um eine Umsatzsteuererklärung von Montanus ging, wollte Linda seinerzeit nicht kommentieren.