Werbeaussagen

ASS+C: Keine Extraportion für Ratiopharm Patrick Hollstein, 13.06.2017 18:00 Uhr

Berlin - 

Ratiopharm darf in der Werbung für ASS+C künftig keinen Effekt auf das Immunsystem mehr ausloben. Das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) verbot dem Konzern eine entsprechende Behauptung und kassierte damit die Entscheidung der Vorinstanz.

Ratiopharm hatte die Brausetabletten mit 600 mg Acetylsalicylsäure (ASS) und 200 mg Ascorbinsäure mit der Aussage beworben: „Eine Extraportion Vitamin C unterstützt das Immunsystem“. Tatsächlich ist das Produkt aber gegen leichte bis mäßig starke Schmerzen wie Kopfschmerzen, Zahnschmerzen und Regelschmerzen sowie gegen schmerzhafte Beschwerden, die im Rahmen von Erkältungskrankheiten auftreten, und Fieber zugelassen.

Damit weist Ratiopharm laut OLG auf ein Anwendungsgebiet hin, für das das Medikament nicht zugelassen ist. Verbraucher verstünden die Aussage als unzulässige Benennung einer weiteren Indikation – und nicht lediglich als zulässigen Hinweis auf weitere Wirkungen des Medikaments.

Die Richter räumen zwar ein, dass ein Verbraucher ohne Schmerzen üblicherweise nicht der Idee verfallen würde, ASS+C Ratiopharm zu wählen, um sein Immunsystem zu stärken. Allerdings werde ein Verbraucher, der zugleich Schmerzen verspüre und etwa die ärztliche Empfehlung zur Stärkung seines Immunsystems erhalten habe, möglicherweise zu dem Präparat greifen. Ein solcher Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Präparaten sei nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) unzulässig.

Hersteller dürften nach §3a Heilmittelwerbegesetz (HWG) nur auf zusätzliche Wirkungen hinweisen, wenn diese sich innerhalb des zugelassenen Anwendungsgebiets entfalteten. Dies sei hier nicht der Fall: Allenfalls bei Verbrauchern, die körperlichen Belastungen ausgesetzt und zugleich erkältet seien, könne ein solcher Wirkungszusammenhang bestehen.

Die Beigabe von Vitamin C habe vielmehr den Zweck, Nebenwirkungen von ASS auf die Magenschleimhaut zu vermeiden, so die Richter. Ratiopharm hatte argumentiert, es gehe nicht um die Auslobung einer präventiven oder therapeutischen Wirkung von Vitamin C bei Erkältungen, sondern um die allgemeine Aussage, dass Vitamin C das Immunsystem stütze.

Nach Zahlen von QuintilesIMS entfielen 2015 unter den Analgetika 5,5 Prozent nach Umsatz und 9,6 Prozent nach Absatz auf die Kombination aus ASS und Ascorbinsäure. Das entspricht 6 Millionen Packungen und 55 Millionen Euro.