Nach Spiegel-Bericht

Weleda lässt NS-Vergangenheit untersuchen 11.09.2025 14:03 Uhr

Berlin - 

In einem aktuellen Beitrag warf der „Spiegel“ ein Licht auf „die Naziverbindungen der Naturkosmetikfirma Weleda“. Darin geht es um personelle Verstrickungen während der NS-Zeit, aber auch Versuche an Häftlingen des KZ Dachau. Der laut Bericht bislang zu dem Thema zugeknöpfte Hersteller hat nun reagiert und ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben.

Man habe bei der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte (GuG) eine neue, unabhängige und umfassende Studie zur Geschichte des Unternehmens während der NS-Zeit in Auftrag gegeben, teilt Weleda mit. „Wir verurteilen die Gräueltaten des Nationalsozialismus aufs Schärfste. Faschismus, Antisemitismus, Rassismus oder rechtsextremes Gedankengut haben bei uns keinen Platz. ‚Nie wieder‘ ist Ausdruck unserer Haltung“, so CEO Tina Müller. „Deshalb setzen wir uns für eine lückenlose Aufarbeitung unserer Geschichte ein. Weleda ist ein weltoffenes Unternehmen. Wir stehen für Toleranz, Vielfalt und Menschlichkeit.“

Bereits 2023 hatte Weleda nach eigenen Angaben die GuG mit einem wissenschaftlichen Gutachten zu Teilen der Unternehmensgeschichte während des Nationalsozialismus beauftragt. Das 2024 fertiggestellte Gutachten sei jedoch noch nicht auf eine Untersuchung sämtlicher Detailaspekte ausgerichtet gewesen.

Zudem hätten die Historiker:innen Professor Dr. Peter Selg, Matthias Mochner und Susanne H. Gross unter anderem zur Geschichte von Weleda in der NS-Zeit geforscht und dazu bereits zwei Bände – „Anthroposophische Medizin, Pharmazie und Heilpädagogik im Nationalsozialismus 1933-1945“ erschienen Mai 2024 und „Anthroposophie und Nationalsozialismus. Weleda und Wale – die anthroposophischen Heilmittelfirmen“ erschienen August 2025, beide beim Schwabe Verlag – publiziert. Weleda habe die Arbeit der Wissenschaftler:innen unterstützt und ihnen einen vollständigen Zugang zu den Unternehmensarchiven ermöglicht.

Der Spiegel-Beitrag beruht auf der Arbeit der Historikerin Anne Sudrow, deren 700 Seiten starkes Werk zur Bedeutung der ökologischen Landwirtschaft und Naturheilkunde im KZ Dachau gerade erschienen ist. Das Buch enthält unter anderem auch Details zu Verbindungen von Weleda in der damaligen Zeit, die laut Hersteller in der bisherigen Forschung möglicherweise noch nicht vollständig beleuchtet wurden. Auch Sudrow habe für ihre Arbeit Zugang zu Archivalien von Weleda erhalten, unter anderem zu Verwaltungsratsprotokollen aus der NS-Zeit.

„All diese Arbeiten nehmen wir zum Anlass, unsere Unternehmensgeschichte im Detail mit einer großen unabhängigen Studie aufzuarbeiten“, sagt Tina Müller, „und natürlich werden wir die Ergebnisse für alle zugänglich machen.“ Weleda werde die neue, umfassende Studie der GuG nach Fertigstellung voraussichtlich Anfang 2027 veröffentlichen.

Im Beitrag geht es um zwei ehemalige Mitarbeiter von Firmengründer Rudolf Steiner, nämlich die beiden Weleda-Gärtner Franz Lippert und Erich Werner. Beide hätten Anfang der 1940er Jahre ihren Dienst im KZ Dachau angetreten und auch danach habe es noch einen Kontakt zum Unternehmen gegeben. Dasselbe gelte für KZ-Arzt Sigmund Rascher, der 1944 eine Frostschutzcreme von Weleda in häufig tödlich verlaufenen Versuchen an stark unterkühlten Häftlingen getestet haben soll.