The Social Medwork

Online-Makler für Einzelimporte APOTHEKE ADHOC, 08.10.2016 09:41 Uhr

Berlin - 

Neue Medikamente werden meist zuerst in den USA zugelassen. Bis sie in Deutschland auf den Markt kommen, vergehen Monate, manchmal auch Jahre. Schwerkranken Menschen ist diese Wartezeit nicht zuzumuten, findet die Initiative „The Social Medwork“. Die Niederländer wollen für Transparenz auf dem globalen Pharmamarkt sorgen – und gleichzeitig Aufträge vermitteln.

Ist ein Medikament in Deutschland nicht zugelassen, gibt es die Möglichkeit des Einzelimports aus dem Ausland. Gleiches gilt für Arzneimittel, die aufgrund eines fehlenden Zusatznutzens nicht in mehr in Deutschland vermarktet werden. Wenn der Arzt das Präparat verordnet und die Kasse die Kosten übernimmt, kann die Apotheke das Präparat aus dem Ausland über spezielle Einzelimporteure bestellen.

Doch nicht jeder Arzt kennt jede Neuzulassung im Ausland. Diese sind nämlich in keinem Register und auch nicht beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gelistet. Dadurch entsteht laut The Social Medwork eine Informationslücke – lebensrettende Medikamente kommen nicht beim Patienten an.

Das will das Unternehmen mit Sitz in Amsterdam ändern: Das Team – bestehend aus Ärzten, Apothekern, Juristen und Wissenschaftlern – recherchiert, wertet aus und veröffentlicht auf seiner Website die neuesten und vielversprechenden Zulassungen an Medikamenten weltweit.

Seit Oktober bietet das Unternehmen seine Dienste auch in Deutschland an. Spezialisiert haben sich die Aktivisten auf Erkrankungen wie Krebs, ALS, Parkinson und Alzheimer. Ihre Vision ist es, allen Patienten die Möglichkeit zu geben, die besten Behandlungsmethoden weltweit finden und auch nutzen zu können. Der ethische Anspruch stehe im Vordergrund, heißt es auf der Website.

Laut eigenen Aussagen hält sich der Dienstleister an die Deklaration von Helsinki, die Genfer Deklaration des Weltärztebundes und den Internationalen Medizinethik Kodex. Weiterhin ist The Social Medwork als unabhängiger Zwischenhändler beim niederländischen Gesundheitsministerium in Den Haag registriert.

Natürlich gibt es auch einen finanziellen Aspekt, immerhin stehen hinter dem Unternehmen private Investoren. The Social Medwork kümmert sich um die Beschaffung des Medikaments; für den Import steht das Team dann dem von der Apotheke beauftragten Einzelimporteur beratend zur Seite. Für jede Vermittlung berechnet das Unternehmen eine Gebühr von etwa 10 Prozent des Arzneimittelpreises.

Im Ausland ist die Initiative laut eigenen Angaben bereits in 47 Ländern auf fünf Kontinenten aktiv. Kritiker beanstanden den Eingriff in die Therapiehoheit des Arztes und die Verunsicherung schwerkranker Patienten. Geschäfte mit zum Teil stark verzweifelten Erkrankten zu machen, sei unvertretbar. Verteidiger entgegnen, Transparenz über alle Therapiemöglichkeiten sei unabdingbar. Gerade weil es sich oft um ein nur schmales Zeitfenster handle, seien auch keine riesigen Summen umzusetzen.

Gegründet wurde The Social Medwork 2015 von Sjaak Vink und Bernard Muller. Bei Muller wurde 2010 ALS diagnostiziert. Seither setzt er sich für die Forschung und Entwicklung von Medikamenten ein. Unter anderem initiierte er das „Project MinE“. Forscher dieses Projekts hatten zuletzt das Gen „NEK1“ entdeckt, einen der wohl wichtigsten Bausteine zum Verständnis von ALS.

Die Idee zu The Social Medwork hat einen persönlichen Hintergrund: Das Startup war zunächst unter der Domain www.lovesteve.com zu erreichen. Ein mittlerweile verstorbener Freund der Gründer war ebenfalls an ALS erkrankt; ihm hätte mehr Transparenz weitergeholfen.