Videosprechstunde

Teleclinic: Zur Rose schreibt Millionen ab Patrick Hollstein, 25.03.2023 08:03 Uhr

Bei Teleclinic ist der erhoffte Schwung bislang ausgeblieben. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Videosprechstunden sollen ein zentraler Bestandteil im „Ökosystem“ von DocMorris sein, doch bislang hält sich die Nachfrage in Grenzen. Obwohl der Mutterkonzern Zur Rose jetzt Firmenwerte in Millionenhöhe abschreiben muss, hält er an der Tochterfirma und ihrem Konzept fest.

46,8 Millionen Franken zahlte Zur Rose vor drei Jahren für Teleclinic – 41,5 Millionen Franken in bar, den Rest in Aktien. Das Management sprach von einem „hochkomplementären Aspekt der Akquisition“: Bei der Hälfte der über die Plattform durchgeführten Konsultationen könnten E-Rezepte ausgestellt werden, so die Hoffnung des damaligen CEO Walter Oberhänsli.

Doch abgesehen davon, dass das E-Rezept in der Fläche nach wie vor auf sich warten lässt und auch die Inanspruchnahme von Videosprechstunden zu Lasten der GKV gedeckelt ist, kommt die Telemedizin nicht recht in Schwung. Mit Kry hat sich bereits der erste Anbieter wieder vom deutschen Markt verabschiedet, Zava kämpft vor Gericht um die Zulässigkeit des eigenen Geschäftsmodell und die Zusammenarbeit mit Shop Apotheke und hat den Service weitgehend eingestellt.

Zur Rose verrät nicht, wie viele Videosprechstunden über Teleclinic abgerechnet werden, doch die Bilanzen sprechen eine eigene Sprache: 2021 stand ein Verlust von 12 Millionen Euro in den Büchern, nach 8 Millionen Euro im Vorjahr sowie 4 Millionen Euro und 2 Millionen Euro in den beiden Jahren zuvor. Alleine die mehr als 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürften aus eigener Kraft kaum zu finanzieren sein.

Hoffnung trotz Abschreibung

Ende des Jahres hat der Konzern 35 Millionen Franken vom Firmenwert für Teleclinic in seinen Büchern abgeschrieben. Trotzdem hält Zur Rose am Konzept fest: Telemedizin bilde einen wichtigen Pfeiler des Gesundheitsökosystems von Zur Rose, so ein Sprecher. „Teleclinic wurde als Telemedizin-Plattform konzipiert, die es externen Ärzten mit Praxen in Deutschland und deutscher Zulassung erlaubt, ihren Patienten telemedizinische Services anzubieten. Denn wir sind weiterhin der Auffassung, dass die Telemedizin eine wichtige Rolle in der medizinischen Versorgung der Bevölkerung spielen wird.“

In Zeiten des Ärztemangels und knapper Ressourcen im Gesundheitssystem könne Telemedizin Arztpraxen entlasten. „So ist nicht nur die Nachfrage bei Patienten stark angestiegen, auch immer mehr Ärzte erkennen und nutzen die Vorteile von Videosprechstunden. Gerade in ländlichen Räumen mit geringer Arztdichte bietet die Fernbehandlung pandemieunabhängig die Möglichkeit Versorgungslücken zu schließen. Ebenso kann Telemedizin Anreize für Ärzte schaffen, sich im ländlichen Raum niederzulassen. Vor allem für chronisch erkrankte Menschen wird die flächendeckende Einführung des elektronischen Rezepts Telemedizin noch attraktiver machen. Verordnungen können dann schneller und ohne Medienbrüche eingelöst werden.“

Bei Zur Rose hofft man, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) telemedizinische Leistungen für die Versicherten so wie angekündigt niedrigschwellig verfügbar macht. „So hat das Ministerium im Rahmen seiner Digitalisierungsstrategie verkündet, die Telemedizin auszubauen und die 30-Prozent-Limitierung für telemedizinische Leistungen aufzuheben.“

Investoren machten Kasse

Gelohnt hat sich das Engagement bislang nur für die Seed-Investoren. Für zwei Millionen Euro hatte Digital Health Ventures (DHV) 2017 bei der dritten Finanzierungsrunde knapp 18 Prozent übernommen – der Fonds, über den unter anderem die Eigentümerfamilie des Phytoherstellers Dr. Willmar Schwabe, GHD-Gründer Andreas Rudolph und Reinhard Koop, Großaktionär bei CompuGroup Medical (CGM), bei Teleclinic investiert waren, konnte seinen Einsatz damit verdreifachen. Selbst für den Finanzinvestor ID Invest, der Ende 2018 für 7 Millionen Euro 26 Prozent der Anteile übernommen, hat sich der Hype um die Teleärzte ausgezahlt.