Verwaltungsgericht

Straßenbahn stoppt Visavia Alexander Müller, 26.09.2008 18:56 Uhr

Berlin - 

Rückschlag für Rowa: Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC fällt ein noch nicht veröffentlichtes Urteil des Verwaltungsgerichtes Karlsruhe zum Arzneimittelabgabeterminal Visavia zu Ungunsten des Herstellers aus. Die Richter haben die Anfechtungsklage eines Mannheimer Apothekers gegen die Untersagungsverfügung der zuständigen Behörde zurückgewiesen. Während im Rx-Bereich grundsätzliche Bedenken bestehen, scheint für die Abgabe von OTC-Arzneimitteln die Lage der Apotheke entscheidend.

Im konkreten Fall liegt die Apotheke in der Nähe des Mannheimer Bahnhofes an einer viel befahrenen Straße, zudem in der Nähe einer Einkaufsstraße sowie - und das schien den Ausschlag zu geben - neben einer Straßenbahnlinie. Angesichts all dieser „Lärmquellen und sonstigen Faktoren, die auf den Kunden am Schalter einwirken können“, sei die störungsfreie Beratung am Visavia nicht gewährleistet. Die Richter erkannten die Gefahr, dass der Kunde „am Automaten unter Druck gerät und deshalb keine Fragen mehr stellt“.

Im Vorfeld der Verhandlung hatte die Richterin sogar eine Ortsbegehung mit Vertretern der Behörde und Rowa veranlasst, um sich selbst ein Bild von dem Arzneimittelautomaten zu machen. Dabei war eine Kommunikation am Automaten laut Urteilsbegründung „nur so lange problemlos, bis eine Straßenbahn vorbeifuhr, die erheblich lauter war, als die Stimme des zugeschalteten Apothekers“. Nachts fahre die Straßenbahn zwar nicht mehr, dafür könne es zur „Störung durch Betrunkene“ kommen, so das Urteil.

Die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel über den Automaten ist den Richtern zufolge dagegen generell nicht mit der Apothekenbetriebsordnung vereinbar. Die Abgabe und das Vorliegen des Rezeptes müssten zeitlich zusammentreffen, zumal der Apotheker das Rezept „bei Abgabe“ unterzeichnen müsse, heißt es in der Urteilsbegründung.

Des Weiteren befürchten die Richter, dass der Visavia anfälliger bei Rezeptfälschungen sei: „Manipulationen an einer Verschreibung sind beispielsweise von Druckspuren, Schwärzungen und der Papierqualität erkennbar“, so die Richter. Bei einem eingescannten Schriftstück sei dies hingegen nur eingeschränkt möglich.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; Rowa will vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Berufung gehen. Außerdem denkt man bei dem Unternehmen in Kelberg über mögliche Anpassungen der Außenschalter nach, etwa durch geschlossene Beratungskabinen. Bis ein konkreter Vorschlag den Richtern vorgelegt wird, darf Visavia nach der Logik des Urteils nur in ruhigen Nebenstraßen oder in der Nähe des Dorffriedhofs betrieben werden: „Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls“, so die Richter.