Direktvergleich: Shop Apotheke vs. First A

Versender überholt Lieferdienst – und ist günstiger Patrick Hollstein, 21.09.2022 10:27 Uhr

Shop Apotheke vs. First A: Versender überholt Lieferdienst – und ist günstiger
Wer ist schneller, wer ist günstiger? Shop Apotheke und First A im Direktvergleich.
Berlin - 

Geschwindigkeit statt Preis: Expresslieferdienste wurden als großer neuer Konkurrent der Versandapotheken gehandelt. Shop Apotheke ging auf Nummer Sicher und verleibte sich First A für einen Millionenbetrag ein. Doch die Fusion der Konzepte hakt noch etwas – und wirft grundsätzliche Fragen auf.

First A verspricht Lieferungen von Medikamenten und Kosmetik aus einer lokalen Apotheke innerhalb von 30 Minuten. Partnerapotheken gibt es bislang in Berlin, München, Hamburg, Frankfurt, Köln, Düsseldorf, Essen und Stuttgart. Doch auch außerhalb der Großstädte kann man sich über die Plattform beliefern lassen – dann allerdings nicht Express, sondern „normal“ über den Postweg. Den Versand übernimmt in diesem Fall die Bienen-Apotheke aus München, die in der Isarstadt auch für den Schnellversand zuständig ist.

Shop Apotheke bietet selbst wiederum in rund einem Dutzend Metropolregionen Same-Day-Delivery an. Hier überschneiden sich die Angebote nicht nur: Je nach Lieferadresse kann es sogar dazu führen, dass Shop Apotheke schneller ist als der akquirierte Schnelllieferdienst – und auch noch günstiger.

Now! ist schneller und günstiger

Beispiel Otriven Nasentropfen oder -spray für Kinder: Bestellt man bei First A aus Ratingen, kommt die Ware von der Bienen-Apotheke in München. Preis: 2,99 Euro – fast 50 Prozent über dem Listenpreis von 2,03 Euro. Lieferzeit: 1 bis 3 Tage. Immerhin wird die Liefergebühr von 1,80 Euro (noch) erlassen.

Bestellt man dagegen über Shop Apotheke, bezahlt man nur 1,48 Euro – also die Hälfte des Preises bei First A. Und nicht nur das: In Ratingen wird die Now!-Lieferung angeboten: Wenn man bis 12 Uhr bestellt, erhält man die Ware noch am selben Abend zwischen 18 und 20 Uhr. Möglich macht dies eine Kooperation mit der Apotheke RKM740 in Düsseldorf. Einziger Haken: Erst ab einem Bestellwert von 20 Euro ist die Lieferung kostenfrei, darunter zahlt man 3,50 Euro extra.

Preisgestaltung liegt bei Apotheke

Geschäftsführerin Antonie Nissen verweist auf Nachfrage darauf, dass die Preisgestaltung komplett den teilnehmenden Apotheken obliege. Diese wüssten schließlich am besten, welchen Preis sie wo verlangen könnten. Die Preissensibilität der Kundschaft im Ruhrgebiet sei eben eine andere als am Starnberger See.

Und tatsächlich: Je nach Bezugsapotheke sind viele Produkte über First A deutlich teurer. Eine 10er-Packung Paracetamol 125 mg von Ratiopharm (PZN: 03953580) ist vom Hersteller mit einem Preis von 1,18 Euro gelistet. Beim Versand über First A kostet die Packung dagegen 1,99 Euro – was einem Aufschlag von knapp 69 Prozent auf den AVP entspricht.

Weitere Paracetamol-Präparate werden mit deutlichen Aufschlägen verkauft und auch Ibuprofen 400 mg von 1A Pharma (PZN: 02013194) liegt mit 3,49 Euro rund 37 Prozent über dem Listenpreis. Ob Pferdesalbe, Hustenbonbons oder Kalt/Warm-Kompressen für Kinder – die Produkte sind bei First A jeweils mehr als 50 Prozent teurer als vom Hersteller empfohlen. Bei Traubenzucker liegt der Aufschlag auf die Preisempfehlung sogar bei fast 100 Prozent.

45 statt 30 Minuten

Darauf muss sich nun auch Shop Apotheke einstellen. Insider berichten davon, dass das Konzept First A grundlegend überarbeitet werden soll; sogar eine Umbenennung etwa in Fast A oder Puls steht angeblich im Raum. Denn insgesamt kann man konstatieren, dass die Expresslieferdienste im Arzneimittelmarkt keinen leichten Stand haben. Wettbewerber haben bereits bei der Lieferzeit umgestellt – von 30 auf 45 Minuten. Weil die Warenkörbe eher klein und die Margen nicht riesig sind, wird bislang noch viel Geld verbrannt. Mit Kurando hat sich der erste Anbieter schon in die Insolvenz verabschiedet.

Daher steht die Antwort auf die Frage noch aus, ob es wirklich einen Bedarf an Schnelllieferdiensten für Arzneimittel gibt – und ob dieser auch wirtschaftlich darstellbar ist. Als typischer „Use Case“ wird von den Anbietern regelmäßig die Familie mit dem fieberkranken Kind genannt, die schnell Hilfe braucht, aber zu Hause bleiben möchte. In einer solchen Situation zahlen die Kund:innen im Zweifel auch deutlich mehr. Die Preisgestaltung im dargestellten Fall von First A zeigt das Dilemma des Angebots für Apotheken indes gut auf. Bestellt die zitierte Familie nur das Schmerzmittel, macht es für die Gesamtkostenrechnung der Apotheke fast keinen Unterschied, ob zum Listenpreis oder darüber beziehungsweise darunter verkauft wird. Bei größeren Warenkörben dürften den Kunden die üppigen Aufschläge dagegen schnell auffallen.

Bequemlichkeit statt Tiefstpreis

Grundsätzlich versprechen dien Expressdienste ihren Kund:innen Geschwindigkeit und maximale Bequemlichkeit und keine Tiefstpreise. Schnäppchenjäger sollen weiter bei Versandapotheken bestellen und einige Tage warten. So übernehmen die Lieferdienste Mayd und Cure gewöhnlich die Listenpreise 1:1. Hier kostet die Paracetamol-Packung aus dem Beispiel genau 1,18 Euro, der Versender DocMorris bietet das Schmerzmittel dagegen für 79 Cent an.

Bei Einzelbestellungen lässt sich das nur über die Liefergebühren und Mindestbestellwerte steuern. Zumindest bei First A steht die kostenlose Lieferung schon zur Disposition. Das sei ein Thema, das mit den Apotheken besprochen werden.