Versandhandel

Otto plant Apotheken-Botendienst Alexander Müller, 06.09.2011 11:24 Uhr

Berlin - 

Der Versandhändler Otto plant den Einstieg in das Apothekengeschäft. Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC will die weltweit tätige Otto Group hierzulande einen Arzneimittel-Lieferdienst starten. Dabei sollen Apotheken vor Ort als Partner die Auslieferung übernehmen und dafür Lizenzgebühren und Umsatzprovisionen bezahlen. Eigentlich sollte schon im Juli eine erste Testregion in Hamburg starten, doch bislang haben sich offenbar noch nicht genug Apotheken gefunden.

Bis zum Start will die Otto Group keine Details des Konzepts verraten. Doch aus vertraulichen Unterlagen geht hervor, wie Otto mit Apotheken zusammenarbeiten will: Die Kunden bestellen ihre Arzneimittel online über eine Plattform, Otto übernimmt die komplette Abwicklung der Bestellungen und Zahlungsvorgänge. Die Apotheke liefert noch am selben Tag aus, jeder Apotheker bekommt ein Gebiet zugewiesen. Vertragspartner des Kunden bleibt demnach die Apotheke vor Ort.

Um mitmachen zu können, müssen die Apotheken zahlen: Zu der jährlichen „Partner Fee“ von 1000 Euro kommen Provisionen pro Bestellung: 3 Euro pro Rezept sowie 15 Prozent des OTC-Umsatzes. Wochentags muss die Apotheke mindestens zweimal zwei Stunden als Lieferzeit auswählen und angeben, wie schnell eine Bestellung ausgeliefert werden kann.

Otto verspricht den Apotheken im Gegenzug Zusatzerlöse und Wettbewerbsvorteile gegenüber den Konkurrenten vor Ort und Versandapotheken. Das Investment sei gering, und Kosten fielen durch das Provisionsmodell nur im Erfolgsfalls an, heißt es in den Dokumenten.

Der Plattform und den Apotheken will Otto mit einer breit angelegten Werbekampagne Kunden zuführen: Über Anzeigen in Lesezirkel-Zeitschriften sollen potentielle Interessenten schon in der Arztpraxis angesprochen werden. Schon „versandaffine“ eigene Kunden werden außerdem über Paketbeilagen informiert. Hinzu kommen Plakate und Postwurfsendungen, im Internet sollen Kunden zusätzlich mit Gutscheinen gelockt werden.


Der Konzern will die eigene Expertise im Onlinehandel - immerhin ist man weltweit die Nummer 2 hinter Amazon - mit der Kompetenz der Apotheken vereinen. Otto hat sogar schon eine Kundenabfrage zum Bedarf eines solchen Lieferservice durchgeführt. Demnach wäre der Botendienst für 80 Prozent der Befragten attraktiv. Stärkstes Argument ist der bequeme Service, gefolgt von den kurzen Lieferzeiten. Kunden versprechen sich außerdem Preisvorteile gegenüber Vor-Ort-Apotheken, schätzen aber trotzdem das Vertrauen durch den Bezug zu diesen.

Nach dem ursprünglich anvisierten Start im Juli sollte Hamburg eigentlich bis September vollkommen erschlossen sein. Dafür wollte Otto 50 bis 80 der insgesamt 450 Apotheken in der Hansestadt unter Vertrag nehmen. Anschließend sollten weitere Großstädte angegangen und das Sortiment erweitert werden. Anfang 2012 wollte Otto mehr als 100 Partnerapotheken haben.

Bislang ist davon wenig zu sehen: Der Start sei noch in diesem Jahr geplant, an dem Hamburger Piloten würden voraussichtlich zunächst fünf bis zehn Apotheken teilnehmen, sagte ein Sprecher der Gruppe auf Nachfrage. Derzeit befinde man sich in Gesprächen mit Apotheken. Das Konzept sei gegenüber dem zitierten Diskussionsentwurf aber noch an einigen Stellen verändert worden.

Zur Otto Group mit 123 zusammengeschlossenen Gesellschaften zählen neben der eigenen Versandsparte auch Hermes, Mytoys oder Bonprix. Die Gruppe hat im Geschäftsjahr 2010/2011 nach eigenen Angaben mit rund 50.000 Mitarbeitern einen Umsatz von mehr als 11 Milliarden Euro erwirtschaftet. Bereits seit 2009 kooperiert Otto in Deutschland mit der Versandapotheke Mycare.