OTC-Marken

Proff: Schmerz ja, Salbe nein APOTHEKE ADHOC, 16.06.2015 09:40 Uhr

Berlin - 

Die Proff Schmerz-Salbe wird zur Schmerz-Creme. Das hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG) in zweiter Instanz entschieden und damit einen Kompromiss zwischen Hersteller Dr. Theiss und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geschaffen. Die Behörde hatte die alte Bezeichnung in zweierlei Hinsicht kritisiert: „Schmerz“ sei eine unzulässige Indikationserweiterung und „Salbe“ die falsche Darreichungsform.

Dr. Theiss wehrte sich, legte zunächst Widerspruch ein und erhob 2012 Klage. Das Verwaltungsgericht Köln hatte dem Hersteller und dem BfArM jeweils zum Teil Recht gegeben: Die Bezeichnung Salbe lehnten die Richter ab, den Namensteil „Schmerz“ ließen sie hingegen durchgehen. Das OVG sah es genauso und bestätigte das Urteil der Vorinstanz.

Aus Sicht der Richter ist die Bezeichnung „Salbe“ irreführend, da es sich bei dem Arzneimittel um eine Creme handelt. Zwar sei es grundsätzlich möglich, einen pharmazeutisch-technischen Begriff in die Bezeichnung zu überführen – diese müsse dann aber korrekt sein. Missverständliche oder fachlich falsche Begriffe seien potenziell geeignet, Fehlvorstellungen hervorzurufen.

Die Richter zogen zwar in Betracht, dass der Verbraucher „keine oder nur sehr unkonkrete Vorstellungen von der Unterschiedlichkeit der Darreichungsform hat und zum Teil die Begriffe auch synonym verwendet“. Im Zusammenhang mit Arzneimitteln sei jedoch davon auszugehen, dass die Verbraucher erwarten, dass die pharmazeutischen Fachbegriffe korrekt sind. Missverständlich ist laut Urteil zudem, dass trotz der Bezeichnung „Salbe“ die Mengenangabe „100 g Creme“ lautete.

Keine Probleme sahen die Richter hingegen bei der Angabe „Schmerz“. Das BfArM hatte argumentiert, der Verbraucher erwarte bei einer solchen Bezeichnung Abhilfe bei Schmerzen aller Art. Angaben zum Verwendungszweck hätten aber der zugelassenen Indikation zu entsprechen und diese vollständig und zutreffend wiederzugeben. Das zugelassene Anwendungsgebiet sei jedoch nicht mit der allgemeinen Bezeichnung „Schmerz“ gleichzusetzen.

In dieser Frage folgten die Richter allerdings dem Hersteller: Die Bezeichnung „Schmerz“ signalisiere in erster Linie eine grobe Anwendungskategorie und sei ähnlich zu bewerten wie Begriffe wie „Schmerzmittel“, „Hustensaft“ oder „Kreislauftablette“, von denen der Durchschnittsverbraucher keine präzise Indikationsbeschreibung erwarte.

Für Verbraucher sei selbstverständlich, dass ein Schmerz in unterschiedlichsten Organen und Körperregionen auftreten könne. „In diesem Sinne ist 'Schmerz' eine gänzlich unspezifische und abstrakte Angabe, die geradezu herausfordert, Näheres über die Art des Schmerzes und seine Ursachen zu erfahren“, so die Richter.

Die Richter betonten, es könne dem Verbraucher nicht unterstellt werden, er denke nicht über die verschiedenen Kennzeichnungselemente nach. Eine solche Betrachtungsweise gehe von einem „oberflächlichen und flüchtigen Verbraucher aus, der auch naheliegende Überlegungen unterlässt“, kritisierten die Richter. Die Annahme, der Verbraucher verharre bei der Bezeichnung „Schmerz“ und nehme andere Angaben nicht zur Kenntnis, sei lebensfremd.

Dr. Theiss hatte zudem vorgebracht, dass mehr als jedes zweite Arzneimittel gegen Gelenkschmerzen die allgemeine Bezeichnung „Schmerz“ verwende: Voltaren Schmerzgel, Mobilat Schmerzsalbe, Sandoz Schmerzgel, Doc Ibuprofen Schmerzgel, Arnika Kühl- und Schmerzgel, Fluopin Schmerzcreme, Arnika Schmerzsalbe stark, Apotheker Dr. Imhoffs Arnika Schmerz-Fluid, Sagoon Schmerzcreme und Rheuma- und Schmerzsalbe Winthrop nannte Dr. Theiss als Beispiel.

Das BfArM betonte, „Alt-Fälle“ könnten nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden – schließlich könne die Umsetzung arzneimittelrechtlicher Vorgaben nur sukzessive erfolgen. Dass die Behörde generell eine Bereinigung bei der Bezeichnung „Schmerz“ anstrebt, ist aus Sicht der Richter allerdings unerheblich, da sich die Verbrauchererwartung anhand des aktuellen Marktgeschehens bilde.

Die Angabe „Schmerz“ ist den Richter zufolge auch nicht als unzulässige Werbung zu sehen, da es sich lediglich um die unvollständige Wiedergabe der Indikation handele. Angesichts der Weite des Begriffs und seiner Unbestimmtheit sei nicht erkennbar, dass ihm eine besondere Werbewirksamkeit zukomme.

Bei Dr. Theiss ist man zufrieden mit der Entscheidung: „Da viele unserer Mitbewerber das Wort 'Schmerz' verwenden und viele Begriffe wie 'Schmerz-Gel' und ähnliche existieren, war es uns wichtig, dies auch für unser Produkt so handhaben zu dürfen und keinem Wettbewerbsnachteil zu unterliegen“, so eine Sprecherin.