Verunsicherung nach EuGH-Urteil

Orthomol: Produkte bereits umgestellt Patrick Hollstein, 02.11.2022 11:52 Uhr

Orthomol verweist darauf, dass auch nach dem EuGH-Urteil alle Produkte weiter verkauft werden dürfen. Foto: Orthomol
Berlin - 

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu ergänzenden bilanzierten Diäten (EBD) hat auch viele Apotheker:innen verunsichert. Laut Hersteller Orthomol sind alle Produkte nach wie vor verkehrsfähig, ohnehin habe man bereits reagiert und das Sortiment umgestellt. Kritisch könnte künftig die Einstufung als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke sein.

Bereits vor der jüngsten EuGH-Entscheidung zu EBD habe man sich mit den möglichen Folgen für sein Sortiment auseinandergesetzt und betroffene Produkte auf Nahrungsergänzungsmittel umgestellt, so Geschäftsführer Dr. Michael Schmidt. Ergänzende bilanzierte Diäten habe man bereits ersetzt: „Die führen wir nicht mehr. Denn wir haben uns schon vorausschauend dazu entschlossen, betroffene Produkte umzustellen.“

Orthomol Immun, Orthomol chondroplus – ehemals Orthomol arthroplus – und Orthomol AMD extra seien daher als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich. „Eine wichtige Nachricht an unsere Apotheken-Partner:innen: Unsere Produkte können weiterhin ohne Einschränkungen ausgeliefert und verkauft werden! Auch die restlichen im Markt befindlichen EBD können weiterverkauft werden.“ Die Umstellung der Produkte verändert allerdings die Kommunikation des Herstellers rund um die Mikronährstoffkombinationen.

Kommunikation wird umgestellt

Anders als etwa der Bundesgerichtshof (BGH) hat der EuGH die Vorgaben für EBD eng ausgelegt. Produkte, die dem Patienten nur allgemein einen Nutzen verschaffen, weil „darin enthaltene Stoffe einer Störung entgegenwirken oder deren Symptome lindern“, seien nicht in diese Produktkategorie einzustufen. Denn ansonsten würden „die Besonderheiten der Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke verkannt und insbesondere die Unterscheidung zwischen solchen Lebensmitteln und Arzneimitteln in Frage gestellt“.

Fazit des EuGH: „Folglich reicht der Umstand, dass ein Erzeugnis es ermöglicht, durch Nährstoffzufuhr einer Krankheit, einer Störung oder Beschwerden anderweitig entgegenzuwirken, nicht aus, um dieses Erzeugnis als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke einzustufen, wenn das fragliche Erzeugnis nicht dazu dient, den durch eine Krankheit, eine Störung oder Beschwerden bedingten besonderen Ernährungsanforderungen gerecht zu werden.“

Ein Lebensmittelrechtsexperte führt zu den Folgen für Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (FSMP) näher aus: „Der EuGH legt den Herstellern/Inverkehrbringern von FSMP auf, nachzuweisen, dass die Krankheit, bei welcher das FSMP einzunehmen ist, für den Nährstoffbedarf kausal ist. Es wird fortan nicht mehr ausreichen, dass das FSMP das Krankheitsbild reguliert.“ Weder „nutritiv bedingte Immundefizite“ noch eine „altersabhängige Makuladegeneration“ seien aber kausal für einen bestimmten Nährstoffbedarf. Apotheken sollten daher bei FSMP stets prüfen, ob die die Anforderungen erfüllt sind und die Mittel in Verkehr gebracht werden dürfen, rät der Anwalt.

Werbeaussagen verschwinden

Nun muss das OLG noch in der Sache entscheiden, den Herstellern ist aber klar, wohin die Reise geht. Nicht nur Orthomol, sondern auch andere Firmen werden nun ihr Sortiment genau überprüfen müssen. Am Ende werden wohl zahlreiche Produkte umklassifiziert – mit der Folge, dass der konkrete Produktnutzen nur noch zurückhaltend kommuniziert wird. Der Hersteller aus Langenfeld hat bereits angefangen: Orthomol immun wird als NEM zur Unterstützung des Immunsystems vertrieben. Auch Orthomol arthro wurde bereits in Orthomol chondroplus umbenannt. Auch ähnliche Produkte von anderen Herstellern werden künftig wohl ein weniger konkretes Anwendungsgebiet ausweisen.