Kommentar

Zu Risiken: Fragen Sie Ihren Blogger Dr. Eva-Maria Lippke, 01.02.2016 10:26 Uhr

Berlin - 

Stars und Wannabes posten ihr Leben im Internet. Das Publikum muss ansehen, mit welchem Smoothie sich ein Size-Zero-Model entgiftet und was es zum Mittagessen gab. Die Nudelpfannenbilder kann man ausblenden, man muss die Ausschweifungen der Internet-Sternchen ja nicht lesen. Mittlerweile wurde aber eine Grenze überschritten: Blogger beginnen, Arzneimittel zu empfehlen – und das ohne fachliche Ausbildung.

Meinungsmache funktioniert nicht nur über mitreißende Reden. Heutzutage wirken Handybilder von Bloggern mit passendem Farbfilter. Blogger haben Überzeugungskraft; sie zählen zu den wichtigsten Einflüsterern in der Generation Y.

Das Geschöpf des Instagram-Bloggers überzeugt durch Selbstbewusstsein, eine positive Ausstrahlung und den „Haben-Will-Effekt“: Sie setzen Mode und Ware gekonnt in Szene. Alltägliche Situationen werden so reizvoll inszeniert, dass man zum Nacheifern geführt wird. Eine Macht, die sich Modehersteller, Kosmetikfirmen und andere zunutze machen.

War es dann nur eine Frage der Zeit, bis Pharmafirmen auch in der imposant dargestellten Welt der Blogger mitmischen wollen? Die Instrumentalisierung beliebter Internetstars für wirtschaftliche Aspekte liegt nahe. Ob ein Hersteller tatsächlich auf diesem Weg Grenzen des ethischen Wettbewerbs übertritt und durch unlautere Mittel agiert, wird nicht hinterfragt.

Eine aufgehübschte Dame mit 58.200 Followern fotografiert ihre neues Lieblingsmedikament neben ihrem Louis-Vuitton-Kalender und erklärt: „Auf Reisen vertraue ich darauf, ohne gehe ich nicht mehr aus dem Haus!“ Wie viele Fans dem vermeintlichen Rat vor dem nächsten Urlaub folgen, würde Apotheker sicherlich erschrecken. Diese Empfehlung missachtet alles, wofür eine pharmazeutische Betreuung steht: die fachlichen Hintergründe einer Therapieempfehlung, die Aufklärung und bewusste Mitverantwortung des Patienten.

Weiß die Bloggerin, wann und warum man gerade dieses Medikament nicht einnehmen sollte? Informiert sie über mögliche Nebenwirkungen und Einsatzbeschränkungen? Ist sie Ansprechpartnerin bei unterwünschten Arzneimittelwirkungen? Die Antwort ist in jedem Fall nein.

Das läge auch nicht in ihrem Aufgabenbereich, sagt die Bloggerin und verweist auf die Mediaagentur. Sie solle lediglich dafür werben. Die Frage, ob die Möchtegernprominenz sich der gesundheitlichen Folgen ihrer Bewerbung im Klaren ist, bleibt unbeanwortet. Sie erhält ihr Honorar und der Patient steht alleine da. Am Strand, mit seiner Arzneimittelpackung. Immerhin fühlt er sich cool. Wahrscheinlich aber nicht gesund.

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