OLG München

Hersteller-Kodex nicht bindend Janina Rauers, 15.12.2009 18:42 Uhr

Berlin - 

Der Kodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie“ (FSA) ist für Nicht-FSA-Mitglieder nicht bindend. Dies geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) München hervor. Der Kodex hat laut Gericht „nicht die Bedeutung als innerhalb der gesamten Pharmabranche anerkannte und allgemein geltende Verhaltensregel“. Im Verfahren ging es um ein Sonderangebot eines Pharmaherstellers an Ärzte. Die Vorschriften des FSA bei Vergünstigungen und Geschenken sind strengere als das Wettbewerbsrecht.

Das OLG sprach dem Kodex jedoch die Relevanz für die gesamte Branche ab: Dem FSA gehören zurzeit knapp 70 Mitglieder an, den Großteil bilden forschende Pharmaunternehmen. Dem Kodex hätte sich damit nur ein Bruchteil der Hersteller durch Mitgliedschaft im Verband unterworfen, so das OLG. 300 Mitglieder des Bundesverbands der Arzneimittelhersteller (BAH) sowie 18 Mitglieder des Branchenverbands Pro Generika lehnten dagegen eine Überwachung durch Kodizes ab. Ebenso stünden Teile des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) dem FSA-Kodex kritisch gegenüber, so die Richter.

Vor zwei Jahren hatten ehemalige FSA-Mitglieder aus den Reihen des BPI sogar den Verein „Arzneimittel und Kooperation im Gesundheitswesen“ (AKG) gegründet und dem FSA damit Konkurrenz gemacht.

Verhaltensempfehlungen des BAH, BPI und des Verbands der forschenden Pharmaunternehmen (VFA), die mit dem FSA-Kodex übereinstimmen, seien „naturgemäß unverbindlich“, so das OLG. Auch den Kodex des europäischen Pharmaverbands EFPIA stufte das Gericht als unmaßgeblich ein, da dieser nur von vier deutschen Pharmaunternehmen unterzeichnet worden sei. Selbst bei einer Berücksichtigung aller Mitglieder des VFA und des BPI seien weniger als ein Drittel der deutschen Pharmaunternehmen an den europäischen Kodex gebunden.

Im Rechtsstreit ging es um kostenloses Trinkwasser im Wartezimmer: Der FSA hatte gegen ein Pharmaunternehmen geklagt, das Ärzten Wasserspender zu vergünstigten Konditionen angeboten hatte. Das OLG München entschied im Sinne des beklagten Pharmaunternehmens und widerlegte damit das Urteil des Landgerichts München. Die Vorinstanz hatte das Wasserspender-Angebot als unangemessenen unsachlichen Einfluss auf die begünstigten Ärzte eingestuft.

Das beklagte Pharmaunternehmen habe die Wasserspender nicht an Ärzte verkauft, sondern vermietet, so das OLG in seiner Urteilsbegründung. Diese Miete belaufe sich auf jährlich 120,45 Euro inklusive Wartungskosten. Gegenüber vergleichbaren Angeboten im Handel sparten Ärzte 40 Prozent. Gemindert werde die Zuwendung des Pharmaunternehmens dadurch, dass der Wasserspender mit dem Firmenlogo versehen ist. Das Urteil wurde am 26. November verkündet und ist vorläufig vollstreckbar.