Kontroverse um Versandhandel

DocMorris-CEO: „Alle für alle statt jeder gegen jeden“ Lothar Klein, 26.03.2020 08:59 Uhr

Pro Versandhandel: DocMorris-CEO Olaf Heinrich appelliert zur Kooperation aller Apotheken in der Corona-Krise. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Im Zuge der Corona-Krise sind erneut Forderungen aufgetaucht, den Versandhandel mit Arzneimittel einzuschränken oder zu verbieten. Im Gespräch mit APOTHEKE ADHOC forderte zuletzt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein, „dass das Thema Versandhandelsverbot zumindest für die Pandemiezeit auf den Tisch kommt“. Dagegen positioniert sich jetzt Olaf Heinrich, CEO von DocMorris; Statt alte Kämpfe fortzusetzen, sollten in der Krise alle an einem Strang ziehen – zum Wohle der Patienten.

„Diese herausfordernde Zeit erfordert Kooperation statt Konfrontation“, so Heinrich. Vor-Ort- und Versandapotheken leisteten tagtäglich mit ihren unermüdlich arbeitenden Mitarbeitern Überstunden und Sonderschichten, damit die Bevölkerung in Deutschland in diesen Wochen weiterhin flächendeckend mit Arzneimitteln versorgt werde. Heinrich: „Wir müssen jetzt gemeinsam dafür sorgen, dass besonders unsere älteren und oft mehrfacherkrankten Patientinnen und Patienten bestmöglich vor dem Coronavirus geschützt sind und wir sie mit ihren dringend benötigten Arzneimitteln versorgen – sei es vor Ort, über den Botendienst oder den Versandweg. Verwenden wir alle verfügbare Energie im Apothekenwesen auf das Wohl der Patientinnen und Patienten. Mein Appell lautet: Alle für alle statt jeder gegen jeden.“

Preis hatte zuletzt andere Töne angeschlagen: „Eine ganz klare Forderung ist jetzt, dass das Thema Versandhandelsverbot zumindest für die Pandemiezeit auf den Tisch kommt. Es kann nicht sein, dass Wirkstoffe in den Lagern der Versandhändler liegen, die wir dringend vor Ort brauchen. Unsere Patienten brauchen den Fiebersaft für das Kind in der Apotheke vor Ort sofort und das gilt auch für Antibiotika und andere Medikamente.“ Der Versandhandel sei eine reine „Convenience-Option, eine reine Bequemlichkeit“. Diese Bequemlichkeit könne man sich in der aktuellen Situation nicht leisten, „deswegen muss jetzt ein Versandhandelsverbot wenigstens für die Zeit der Pandemie her“.

In den vergangenen Tagen habe es erhebliche Lieferprobleme bei Paracetamol gegeben. Preis: „Die Versandhändler können und dürfen dann nicht konkurrieren, wir brauchen diese wichtigen Medikamente in den Apotheken und nicht in den Lagern in Holland.“ Bundesgesundheitsminister Jens Spahn habe schon angesprochen, dass auch die Arzneimittelherstellung wieder nach Europa geholt werden solle angesichts dieser Pandemiesituation. Genauso gelte, dass die Arzneimittelversorgung auch wieder in die Apotheke vor Ort geholt werden müsse. Dafür ist jetzt der richtige Zeitpunkt.

Preis reagierte damit auch auf Aussagen der Schweizer DocMorris-Muttergesellschaft Zur Rose, dass Versandapotheken in einzelnen Segmenten Zuwächse von bis zu 60 Prozent verzeichneten. Bei Zur Rose ist man zudem überzeugt, dass der Effekt nachhaltig ist: „Die Zur Rose-Gruppe erwartet durch die aktuelle globale Covid-19-Krise eine deutlich schnellere Marktakzeptanz für den Medikamentenversand und digitale Gesundheitsdienstleistungen.“

Christian Buse, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken (BVDVA), hatte sogar in der Corona-Krise eine Vorfahrtregel in der Logistik gefordert: „Wer zur Risikogruppe gehört und Sozialkontakte meiden muss, kann sich über Teledoktoren, telefonische Beratung und die Bestellung über Versandapotheken oder Botendienste von lokalen Apotheken schützen.“

Durch die Schließungen von Ladengeschäften sei mit einem Ansturm auf Online-Shops zu rechnen, so Buse. Das werde die Kapazitäten der Logistiker extrem stark beanspruchen. „Jetzt ist eine Priorisierung von Arzneimittellieferungen durch die Logistikunternehmen und Paketdienste von der pharmazeutischen Industrie zur Apotheke und von der Apotheke zum Patienten beziehungsweise Kunden notwendig.“