Rx-Versandverbot-Forderung sei haltlos

„DocMorris baut keine Barrikaden. Wir bauen Brücken.“ 09.08.2025 09:32 Uhr

Berlin - 

Schon länger war ein Rx-Versandverbot nicht mehr so heiß diskutiert worden wie in diesem Sommer. Die verstärkten Forderungen danach aus der Apothekerschaft, unter anderem diese Woche auch von Abda-Präsident Thomas Preis öffentlichkeitswirksam im Interview mit der „Welt“, rufen nach dem Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) nun auch DocMorris-CEO Walter Hess auf den Plan. „Versorgung braucht Fortschritt. Keine Rückwärtsgewandtheit“, so seine Botschaft.

Dass Preis mit fehlenden Temperaturkontrollen und Risiken für die Versorgung argumentiert, will Hess so nicht stehen lassen. „Wer genau hinsieht, erkennt: Die Argumente sind weder neu noch belegbar und vor allem nicht geeignet, die Versorgung zum Wohle der Patientinnen und Patienten zu verbessern“, schreibt er in einer aktuellen Stellungnahme.

Das wieder aufgebrachte Thema des Rx-Versandverbots sieht er als Frage „Wie entledige ich mich alternativer Versorgungsangebote?“ der Vor-Ort-Apotheken. Seit mehr als 20 Jahren sei der Versand verschreibungspflichtiger Präparate erlaubt und heute etabliert – ein ergänzendes Angebot, dass auch 3250 und damit etwa ein Fünftel der Vor-Ort-Apotheken aktiv nutzten.

„Ein Rx-Versandverbot wäre sachlich unbegründet, politisch rückwärtsgewandt und rechtlich unhaltbar, weil es keine harten Argumente dafür gibt. Der Bundesgerichtshof hat das am 17. Juli 2025 bestätigt.“ Es fehlten belastbare Daten, der Rx-Versand wurde vom Gesetzgeber ausdrücklich erlaubt – Botendienste ebenfalls – und Preisbindung oder Versandverbot verhinderten keine Apothekenschließungen, so Hess’ Resümee nach dem Urteil. Die Apothekerschaft müsse sich somit mit ihrem „Mangel an Glaubwürdigkeit“ auseinandersetzen, so Hess.

„Bei DocMorris ist Temperaturführung tägliche Praxis.“

Außerdem stellt er in dem zweiseitigen Beitrag klar: „Die Behauptung, Online-Apotheken würden Arzneimitteln nicht vor extremen Temperaturen schützen, ist schlicht falsch. Bei DocMorris ist Temperaturführung tägliche Praxis.“ Es gebe eine GDP-konforme und temperaturgeführte Lagerung und auch der Versandweg werde individuell berücksichtigt. „Dabei entscheidet der verantwortliche Apotheker je nach Wetterlage und Transportweg über zusätzliche Schutzmaßnahmen, zum Beispiel Isoliermaterialien.“ Kühlpflichtige Arzneimittel würden durch spezialisierte Kühl-Logistik an die Haustür geliefert.

Stattdessen wirft Hess den Ball zurück: „Die Frage bleibt: Wie viele Vor-Ort-Apotheken verfügen über vergleichbare Systeme, haben eine Lagerung mit dokumentierter Temperaturführung und gestalten ihren Botendienst entsprechend sicher?“

Versand nicht schuld am Apothekensterben

Auch mit dem Apothekensterben habe DocMorris nichts zu tun: Das gebe es seit 25 Jahren und damit länger als den Rx-Versand. Zudem sei der Marktanteil von von Versendern am Rx-Geschäft – dem „betriebswirtschaftlichen Backbone der Apotheken“ – nach wie vor gering. „Ende 2024 lag er laut BMG bei gerade einmal 1,2 Prozent“, so Hess. Es seien nicht die Versender, sondern der Personalmangel für den laufenden Betrieb und die Nachfolge, Inflation, steigende Fixkosten und vor allem auch der Wettbewerb untereinander, was Apothekenschließungen bedinge.

„Untersuchungen zu den Schließungen in Baden-Württemberg zeigen, dass vor allem Apotheken schließen, die mehrere Konkurrenten in direkter Nähe haben.“ Auch der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte, dass das nicht automatisch eine Versorgungslücke bedeute. „Wenn einige Apotheken schließen, profitieren die verbleibenden. Durch mehr Kundschaft, mehr Umsatz und leichter verfügbares Personal“, so Hess. Schließlich habe sich auch Durchschnittsumsatz einer Vor-Ort-Apotheke in den letzten 15 Jahren mehr als verdoppelt.

„Digital vor ambulant vor stationär.“

„Unser Vorschlag: Zukunft sichern durch kluge Integration und Kooperation. Statt reflexhaft auf Online-Apotheken zu zeigen und Biotopschutz für Vor-Ort-Apotheken zu fordern, sollte sich der Berufsstand den echten Problemen stellen und Perspektiven für die nachrückende Apothekergeneration schaffen: Fachkräftemangel, ein Mangel an alternativen Organisationsformen, ökonomischer Druck. Die Frage ist nicht: Wie schützen wir alte Strukturen? Sondern: Wie sichern wir Versorgung für morgen“, so Hess abschließend.

Apotheken müssten sich weiterentwickeln und nicht den Fortschritt verbieten. „Was es dazu braucht, ist ein neuer Versorgungsansatz: Digital vor ambulant vor stationär.“ Dazu brauche es die Telepharmazie und Telemedizin als integralen Bestandteil. „Über die bevorzugte Versorgungsform bestimmt der Patient – nicht die Interessenvertretung.“

„DocMorris baut keine Barrikaden. Wir bauen Brücken. Wir stehen für Wahlfreiheit, Zugang und Qualität zum Wohle der Patientinnen und Patienten“, so Hess. Es brauche „Vernetzung statt Abschottung, Mut statt Rückschritt, Lösungen statt Blockaden“.