Bundesverfassungsgericht

DocMorris scheitert in Karlsruhe Alexander Müller, 23.02.2017 12:32 Uhr

Berlin - 

DocMorris ist erneut mit einer Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe gescheitert. Die niederländische Versandapotheke hatte moniert, dass der Bundesgerichtshof (BGH) sich im Januar 2016 nicht mehr mit Rx-Boni befassen wollte. Doch das Bundesverfassungsgericht sieht darin keinen Fehler – daran ändert aus Sicht der Karlsruher Richter auch das zwischenzeitlich ergangene EuGH-Urteil zu Rx-Boni nichts.

In dem Ausgangsstreit ging es um ein Bonus-Sytem von DocMorris. Die Apothekenkammer Nordrhein hatte dagegen geklagt. Im Juni 2013 verurteilte das Landgericht Köln DocMorris, keine Rx-Boni mehr zu gewähren. Das Oberlandesgericht Köln (OLG) wies die Berufung dagegen im Februar 2014 zurück und ließ keine Revision zu.

Dagegen hatte wiederum DocMorris Beschwerde beim BGH eingelegt und unter anderem auf das laufende Vertragsverletzungsverfahren seitens der Europäischen Kommission hingewiesen. Darin ging es ebenfalls um die Geltung der Preisvorschriften für EU-Versender. Außerdem hatte zu diesem Zeitpunkt der EuGH noch nicht zum Vorabentscheidungsersuchen des OLG Düsseldorf über die Vereinbarkeit des deutschen Arzneimittelpreisrechts mit Unionsrecht entschieden. DocMorris zufolge hätte das eigene Verfahren ausgesetzt werden müssen.

Doch der BGH hatte die Nichtzulassungsbeschwerde im Januar 2016 zurückgewiesen. Die Rechtssache habe keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderten keine neue Entscheidung. Das Verfahren müsse auch nicht ausgesetzt werden, da der Fall gar nicht in Luxemburg hätte vorgelegt werden müssen, so der BGH. Die Karlsruher Richter stützten sich auf die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe. Eine Vorlage in Luxemburg ergebe sich auch nicht aus dem Vertragsverletzungsverfahren.

Gegen die Entscheidung des BGH hat DocMorris Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingelegt. Die Versandapotheke rügt den „Entzug des gesetzlichen Richters“. Der BGH hätte aus Sicht der DocMorris-Anwälte durch Anfragen an die EU-Kommission oder den EuGH feststellen können, dass das Vertragsverletzungsverfahren nur wegen der anstehenden Entscheidung des EuGH nicht weiter verfolgt worden wäre. Die Versandapotheke hat in ihrer Beschwerde in Karlsruhe zudem umfassend vorgetragen, warum das Rx-Boni-Verbot aus ihrer Sicht nicht mit EU-Recht vereinbar ist.

Doch das BVerfG hat die Sache gar nicht erst zur Entscheidung angenommen. Unabhängig davon, ob die Verfassungsbeschwerde „angesichts ihrer weitgehend fehlenden verfassungsrechtlichen Substanz“ den Anforderungen genüge, habe sie jedenfalls keine grundsätzliche Bedeutung, heißt es im Beschluss. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen seien bereits in Karlsruhe geklärt worden.

Die behauptete Verletzungen einer Notifizierungspflicht gegenüber der EU-Kommission und der Warenverkehrsfreiheit gründen sich laut dem BVerfG nicht auf Verfassungsrecht und hätten auch nicht die Nichtigkeit des Boni-Verbots im Arzneimittelgesetz (AMG) zur Folge. Denn dem Unionsrecht komme kein Geltungsvorrang vor nationalem Recht zu.

Der BGH durfte laut BVerfG davon absehen, das Verfahren bis zur EuGH-Entscheidung auszusetzen. Die Kollegen hätten ihre Vorlagepflicht weder verkannt, noch seien sie bewusst von der Rechtsprechung des EuGH abgewichen. „Vielmehr ging er von einer klaren Rechtslage aus“, hießt es im Beschluss.

Der BGH habe sich mit der unionalen Rechtslage intensiv auseinandergesetzt. In methodisch nicht zu beanstandender Weise und unter ausführlicher Heranziehung der EuGH-Rechtsprechung habe der BGH detailliert dargelegt, warum er die Auffassung der EU-Kommission zur Preisbindung nicht teilt.

Vor diesem Hintergrund gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass der BGH seien Beurteilungsspielraum überschritten habe. Daran ändere auch das EuGH-Urteil vom 19. Oktober nichts, weil dieses nach den hier angegriffenen Entscheidungen ergangen sei. Diese Entscheidung ist des BVerfG ist unanfechtbar.