Gemeinsam mit Amazon und Wolt

Bienen-Apotheker: Pick-up-Stores in ganz München Patrick Hollstein, 11.10.2022 10:08 Uhr

Bienen-Apotheker: Pick-up-Stores in ganz München – Gemeinsam mit Amazon und Wolt
Gemeinsam mit großen Partnern will Michael Grintz ein neues Konzept auf die Beine stellen, bestehend aus Apotheke, Plattform, Pickup, Lieferdienst und Abholboxen.
Berlin - 

Als Partner für „Amazon Prime“ hat Michael Grintz vor einigen Jahren für Schlagzeilen gesorgt. Jetzt ist der Inhaber der Bienen-Apotheke am Laimer Platz mit einem neuen Konzept am Start: In ganz München will er Pick-up-Stores eröffnen – unter anderem mit Partnern wie Amazon, Wolt sowie Deutscher Bahn und DHL. Und er ist sogar bereit, sich den Rückweg abzuschneiden.

Grintz ist seit 1996 als Apotheker tätig, aktuell betreibt er vier Apotheken in der bayerischen Landeshauptstadt. Doch jetzt hat er ein neues Konzept entwickelt, mit dem er den Markt aufrollen will: In angemieteten oder eigenen Ladenlokalen will er sogenannte Pick-up-Stores eröffnen. Hier sollen die Kunden ihre Ware abholen können, die sie zuvor online bestellt haben.

Geliefert wird aus der zentralen Apotheke, innerhalb von drei Stunden soll die Ware zur Abholung bereitliegen. Versandkosten gibt es nicht – Grintz setzt darauf, dass das Modell gut angenommen wird: „Es lohnt sich dann, wenn man mit jeder Tour genügend Ware von A nach B fährt. In Summe ist es jedenfalls wirtschaftlicher, als an vielen Stellen kleine Apotheken zu betreiben.“

Kooperation mit Plattformen

Aber nicht nur über den eigenen lokalen Webshop „Apominga“, sondern auch über große Plattformen will er Aufträge einsammeln. Grintz kooperiert bereits mit Wolt und First A, weitere Lieferdienste sollen hinzukommen. Und auch mit Amazon gibt es einen neuen Anlauf: Grintz ist europaweit der erste Partner des neuen Amazon-Programms „Bopis“ („Buy Online, Pick Up in Store“).

Wie viele solcher Läden er am Ende betreiben will, hat er noch nicht entschieden. „Ich möchte auf jeden Fall ganz München abdecken, gegebenenfalls mit einem geeigneten Partner auch ein Stückweit hinaus.“ Dennoch soll das Angebot regional bleiben: „Der Versandhandel ist ökonomisch und ökologisch nicht sinnvoll: Ohne Preisvorteil gibt es keinen Grund, sich Arzneimittel irgendwoher schicken zu lassen.“

Fünf Gewerbeflächen hat er sich bereits gesichert, jede soll ein Einzugsgebiet von drei bis vier Kilometern im Radius haben. Laut Grintz ist dies eine Entfernung, die für die Kundinnen und Kunden noch attraktiv ist. „Ich bin überzeugt, dass ein lokales Konzept im Umfeld meiner Stores die Zukunft für ganz München ist.“

Abholbox am Bahnhof

Zusätzlich will er seinen Kunden aber weitere Alternativen bieten: So soll man sich die Bestellungen im Großraum München auch an eine jener Abholboxen liefern lassen können, die die Deutsche Bahn gemeinsam mit DHL an verschiedenen Bahnhöfen eröffnen will. Und wer partout eine Lieferung nach Hause wünscht, kann sich entweder den Kurier oder den DHL-Fahrer kommen lassen.

 

Beides wird wohl in jedem Fall teurer als die Abholung – auch weil es laut Grintz nicht unbedingt besonders schnell sein muss, aber nur mit engen Zeitfenstern Sinn macht: Niemand wolle schließlich den halben Tag auf den Fahrer warten. Deswegen will er sich den zusätzlichen Service auch bezahlen lassen. Im ersten Fall entscheidet der Lieferdienst über die Konditionen, sodass Grintz mit seiner Apotheken hier nicht ins Investment gehen muss. Und im zweiten Fall will er eine Versandpauschale erheben, die kostendeckend ist, also nicht günstig sein wird.

Aus seiner Sicht ist die Abholung aber ohnehin die bessere Alternative. „Man muss nicht warten, aber man wird herzlich empfangen und freundlich bedient.“ Zusätzlich will er die Abholstellen mit Leben erfüllen. Vor Ort kümmern sich Mitarbeiter um die Ausgabe der Ware, sie sollen auch das Konzept erklären und bei der Aufnahme von Bestellungen über den Webshop behilflich sein. Auch Papierrezepte sollen sie entgegennehmen oder bei der Einlösung von E-Rezepten unterstützen.

Tante Emma ist zurück

Außerdem seien Kooperationen mit Anbietern aus anderen Bereichen des täglichen Bedarfs denkbar – in diesem Zusammengang kann er sich auch ein kleines Warenlager vorstellen für Schnelldreher jenseits des klassischen Arzneimittelgeschäfts. Am Standort in der Pettenkoferstraße in der Nähe des Hauptbahnhofs wird außerdem getestet und geimpft. Je nachdem, wie sich die Pandemie weiter entwickelt, will Grintz dies auch in anderen Lokalen anbieten.

Auch deswegen glaubt er, dass sein Angebot im Gegensatz zu früheren Pick-up-Konzepten angenommen wird: „Bisherige Modelle beschränkten sich darauf, dass man in einem Markt einen Zettel in eine Box einwerfen und irgendwann sein Päckchen abholen konnte. Modernes Pick-up ermöglicht eine Online-Bestellung mit der Möglichkeit, sich die Ware weniger Stunden später abholen zu können.“ Auch E-Rezepte will er auf diese Weise zügig beliefern.

Bedenken, dass sein Konzept rechtlich problematisch sei, hat er nicht: „Warum sollte es nicht sauber sein?“ Pick-up-Stellen gebe es seit Jahren, abgesegnet durch ein höchstrichterliches Urteil. „Ich mache hier nichts, was die Apothekenbetriebsordnung betrifft. Deshalb muss ich sie auch nicht beachten.“ Er arbeite stets im Einklang mit dem Gesetz. „Ich lese es aber gerne selbst und lasse mir nicht von Anderen sagen, was drin stehen könnte.“

Wandel aktiv gestalten

Seine Motivation? „Ich habe Freude daran, Dinge auszuprobieren und weiterzudenken. Ich sage nicht, dass ich immer richtig liege. Aber ich bin immer motiviert, die Veränderungen, die wir in unserem Markt erleben, aktiv mitzugestalten und auszuprobieren, was bei den Verbrauchern ankommt.“

Er ist überzeugt, dass das Konzept auch bei seinem Team gut ankommen wird. „In der Apotheke wollen wir uns darauf konzentrieren, was Freude macht: Für die Kunden da sein und pharmazeutisch beraten.“ Die Organisation der Warenlieferung sei dagegen oft mühsam – daher mache es Sinn, sie auszulagern.

Abschied von Apotheken

Für sich selbst hat er die Entscheidung getroffen, zwei seiner Filialen an Mitarbeiter abzugeben. „Die Filialisierung ist wirtschaftlich möglich, aber der Betrieb von vier Apotheken ist aufgrund der Verantwortung und vielen Hemmnisse oft belastend.“

Grintz hält es für ein realistisches Szenario, dass ein Teil der Versorgung in Zukunft genauso aussehen könnte. „Die Zahl der Apotheken geht – offensichtlich politisch gewollt – weiter zurück. Daher glaube ich, dass solche Store-Konzepte auch im ländlichen Bereich funktionieren könnten. Ob es funktioniert, wird man sehen. Ich kann nicht vorhersagen, ob Apotheken künftig eine Rolle als Tante-Emma-Läden spielen werden, wo man sich bestellte Ware abholen kann. Aber ich kann es mir vorstellen.“