Halbe Milliarde Umsatz betroffen

Avonex & Co: 19 Patente fallen APOTHEKE ADHOC, 20.01.2021 14:10 Uhr

Bald nicht mehr exklusiv: Die Patente für Avonex und andere Wirkstoffe fallen 2021. Foto: Biogen
Berlin - 

Insgesamt 19 Wirkstoffe verlieren dieses Jahr in Deutschland ihren Grundpatentschutz; sie generieren ein vergleichsweise geringes Umsatzvolumen von 550 Millionen Euro (Herstellerabgabepreise, ApU). Eine Analyse der Patentdatenbank „Shark“ des Datenspezialisten Insight Health zeigt, dass sich die Substanzen auf unterschiedliche Therapiegebiete verteilen und der Grundpatentschutz von drei gentechnisch hergestellten Arzneimitteln abläuft.

Im Vergleich zu den vorherigen Jahren und mit Blick auf die nächsten Jahre ist das Umsatzvolumen durch Grundpatentabläufe in diesem Jahr gering. Ein Grund dafür ist, dass dieses Jahr kein Blockbuster wie 2018 Adalimumab oder 2020 Bevacizumab sein Patent verliert. Eine weitere Besonderheit ist, dass zwar die Grundpatente von 19 Medikamenten ablaufen, für fünf davon aber noch diverse Marktexklusivitäten bestehen, sodass Generika vorerst nicht in den Markt eintreten können.

Einen Schwerpunkt bildet die Klasse der Antineoplastika und Immunmodulatoren: Die drei aus dem Grundpatentschutz laufenden Medikamente in dieser Klasse machen fast 60 Prozent des frei werdenden Umsatzes aus. Unter ihnen befinden sich auch zwei von insgesamt nur drei gentechnisch hergestellten Arzneimitteln. Hier ist zuvorderst Interferon Beta-1a zu nennen, auf das 48 Prozent des Umsatzes aller frei werdenden Substanzen entfallen. Der Arzneistoff wird durch rekombinante DNA-Technologie hergestellt und ist für die Behandlung von Patienten mit schubförmiger Multipler Sklerose indiziert. Das Originalpräparat Avonex kommt von Biogen.

Das andere gentechnisch hergestellte Medikament in dieser Klasse ist Mepolizumab, das in der Behandlung von Asthma zugelassen ist. Trotz Grundpatentablauf ist bis auf Weiteres aber mit keinem Biosimilar zu rechnen, da das Originalpräparat Nucala (GSK) noch Marktexklusivität besitzt.

Den zweiten Platz im Umsatzranking aller aus dem Grundpatentschutz laufenden Arzneistoffe belegt Rotigotin – enthalten in Neupro (UCB) – mit einem Umsatzanteil von 17 Prozent. Die Substanz ist ein Nicht-Ergolin-Dopamin-Agonist, der für die Behandlung der Parkinson-Krankheit und des Restless-Legs-Syndroms zugelassen ist und mittels eines transdermalen Pflasters verabreicht wird.

Weiterhin ist die ATC1-Klasse Verdauungs- und Stoffwechsel hervorzuheben, in der vier Substanzen ihren Grundpatentschutz verlieren. Darunter sind zwei Antidiabetika mit mehr als 16 Millionen Euro Umsatz. Das dritte Antidiabetikum in dieser Klasse, die Substanzkombination Glimepiride + Pioglitazone, verzeichnet keinen Umsatz: Da das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aufgrund des erhöhten Risikos für Blasenkrebs vom Gebrauch abrät, wird es nur noch in medizinisch begründeten Ausnahmefällen eingesetzt.

Mit Blick auf das Jahr 2022 darf wieder mit einem weitaus höheren Umsatzvolumen für den generischen Markt gerechnet werden. So stehen voraussichtlich Substanzen mit einem Volumen von 1,7 Mrd. Euro für Nachahmer zur Verfügung – davon sieben Biologika.

Im vergangenen Jahr lief der Patentschutz für 18 Wirkstoffe ab. Laut Insight Health war ein Umsatzvolumen von fast 1,13 Milliarden Euro betroffen. Spitzenreiter ist Bevacizumab, enthalten in Avastin (Roche) mit einem Umsatzanteil von 30 Prozent. Dahinter folgte Eculizumab mit einem Umsatzanteil von 17 Prozent. Der in Soliris (Alexion) enthaltene Arzneistoff dient zur Therapie einer seltenen Blutkrankheit, der paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie. Platz 3 belegte Tocilizumab mit knapp 16 Prozent Beteiligung am Umsatz. Aufgrund ihrer immunsuppressiven Wirkung findet RoActemra (Roche) vornehmlich in der Therapie der rheumatoiden Arthritis Anwendung. Auf Platz 4 lag Tapentadol, enthalten in Palexia (Grünenthal), mit einem Umsatzvolumen von mehr als 11 Prozent. Der Wirkstoff zur Behandlung von mäßig starken bis starken, akuten Schmerzen bei Erwachsenen war der einzige unter den Top 5, der nicht gentechnisch hergestellt wird. Platz 5 belegte Natalizumab, enthalten in Tysabri (Biogen), mit knapp 11 Prozent Umsatzanteil. Der Arzneistoff wird zur Behandlung der hochaktiven Form der schubförmig verlaufenden Multiplen Sklerose sowie bei Morbus Crohn eingesetzt.