Arzneimittelmarkt

1. Halbjahr: Kein Boom beim Rx-Versand Lothar Klein, 17.08.2017 13:25 Uhr

Berlin - 

Seit der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Oktober 2016 sein Urteil zur Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gesprochen hat, reißen in der Diskussion über ein Rx-Versandverbot die Alarmmeldungen nicht ab. Bis auf einen Anteil von 20 Prozent könne der Rx-Versand steigen, warnte auch die ABDA. Doch davon kann bislang keine Rede sein. Eine erste Statistik des Rx-Versandgeschäfts belegt zumindest keinen Boom: Der Rx-Versand legt nur schwach zu und liegt mit seinem Anstieg auf dem Niveau der Vor-Ort-Apotheken. Marktanteile dürfte er kaum hinzugewonnen haben.

Nach aktuellen Zahlen von QuintilesIMS hat der Rx-Versandhandel in den ersten sechs Monaten um 2,9 Prozent auf gut 234 Millionen Euro zugelegt. Es wurden knapp 4,1 Millionen Rx-Packungen verschickt – ein Mengenplus von 4 Prozent. Anders als die Zahlen über den GKV-Markt beziehen sich diese Angaben auf die Abgabepreise der Hersteller (ApU). Darin sind also die Großhandelsmarge und das Apothekenhonorar nicht enthalten. Damit fällt der absolute Wert niedriger aus.

Die Steigerung von 2,9 Prozent gemessen am ApU liegt damit jedoch in etwa auf dem Niveau des Rx-Geschäfts der Vor-Ort-Apotheken. Der DAV bezifferte in seinen Frühinformationen den Anstieg der Rx-Ausgaben der Kassen auf 2,8 Prozent. Insgesamt gaben die Kassen laut DAV im ersten Halbjahr 17,3 Milliarden Euro für Rx-Arzneimittel aus. Die Zahl der eingelösten Rezepte sank leicht um 1,1 Prozent.

In den Angaben von QunitilesIMS sind nicht nur die inländischen Rx-Versender erfasst, auch die grenzüberschreitenden Lieferungen von DocMorris und der Europa Apotheek sind abgebildet. „Bei rezeptpflichtigen Medikamenten erhöht sich der monatliche Absatz nur wenig“, teilte QuintilesIMS bereits im März auf Grundlage der Daten bis Ende Januar mit. An dieser Aussage hat sich für das gesamte erste Halbjahr nichts geändert. Der Rx-Marktanteil des Versandhandels liegt nach wie vor bei circa 1 Prozent.

Insgesamt betrug der Umsatz des Versandhandels im ersten Halbjahr danach gut eine Milliarde Euro (zu ApU). Davon entfiel der Löwenanteil mit 842 Millionen Euro auf den OTC-Bereich. Somit macht der Versandhandel zu 78 Prozent sein Geschäft mit Non-Rx-Produkten. Bezogen auf die Packungszahlen fällt der OTC-Anteil am Gesamtgeschäft noch deutlich höher aus. Von den im ersten Halbjahr über den Versandhandel abgegebenen Packungen, entfielen über 93 Prozent auf OTC-Arzneimittel.

Laut der DAV-Frühinformation lag der Anstieg der Arzneimittelausgaben der Krankenkassen mit 2,8 Prozent deutlich unter den zwischen Kassenärzten und Krankenkassen vereinbarten Vorgaben von 3,3 Prozent. Von Januar bis Juni 2017 belief sich der durchschnittliche Zuwachs der Impfstoffausgaben auf 3,7 Prozent. In den Zahlen sind die Einsparungen der GKV durch Rabattverträge nach § 130a Abs. 8 SGB V nicht enthalten. Für das erste Quartal 2017 beliefen sich die Einsparungen aus Rabattverträgen gemäß den vorläufigen Rechnungsergebnissen auf 950 Millionen Euro. Das sind rund 14 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Für das Jahr 2016 summierten sich die Einsparungen aus Rabattverträgen auf 3,9 Milliarden Euro. Das waren rund 8 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Sehr unterschiedlich entwickelten sich die Arzneimittelausgaben bis Ende Juni nach Regionen: Während in Berlin die GKV-Ausgaben für Arzneimittel um 1,4 Prozent sanken, mussten die Kassen im Saarland mit 6,7 Prozent den höchsten Anstieg in Kauf nehmen. Auch in Thüringen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, und Hamburg lag der Ausgabenanstieg deutlich über dem vereinbarten Limit. Unterdurchschnittlich legten die Arzneimittelausgaben dagegen in Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen zu.