Apotheken-EDV

Apothekerin mit Pharmatechnik vor Gericht Alexander Müller, 25.10.2017 08:00 Uhr

Berlin - 

Eine funktionierende EDV ist heute für jede Apotheke geradezu überlebenswichtig. Eine Apothekerin aus Baden-Württemberg war mit ihrer Warenwirtschaft nicht mehr zufrieden und wechselte den Anbieter. Doch aus Sicht von Pharmatechnik gab es keinen Grund für eine fristlose Kündigung. Ein Gericht bestätigte die Auffassung des Starnberger Softwarehaus, dass die Apothekerin bis Ende 2020 an ihren Vertrag gebunden ist. Trotzdem will ihr Pharmatechnik jetzt ein versöhnliches Angebot machen.

Die Pharmazeutin hatte ihre Apotheke im August 2013 gekauft. Auch das EDV-System XT von Pharmatechnik hat sie von ihrer Vorgängerin übernommen, damit sich das Team nicht auf eine neue Warenwirtschaft einstellen musste. Im Mai 2015 führten Nachbesserungen zu einer Vertragsverlängerung bis Ende 2020, bei monatlichen Kosten von knapp 1500 Euro. Normalerweise stellt Pharmatechnik die Kunden bei solchen Gelegenheiten auf das neuere System IXOS um. Doch das wollte die Apothekerin nicht.

Anfang 2016 traten dann Probleme mit der Erfassung der Kassenkennung auf: Die AOK Baden-Württemberg benutzt für ihr Hausarztmodell ein eigenes Institutionskennzeichen (IK). Weil die Software das offenbar nicht unterscheiden konnte, mussten einige Kunden zu Unrecht eine Zuzahlung leisten. Der Fehler fiel in der Apotheke erst auf, nachdem sich Kunden beschwert hatten, dass sie im Nachbarort nie zahlen müssten.

Da die Probleme der Apothekerin zufolge bis in den November nicht behoben waren, setzte sie dem Softwarehaus eine Frist bis zum Jahresende. Mitte Dezember habe sie die Information erhalten, nun sei alles „repariert“. Allerdings seien danach andere IK fehlerhaft gewesen, berichtet die Inhaberin. Zudem seien die Korrektur-Ausdrucke der BtM-Kartei ohne nachvollziehbares System nummeriert worden, weshalb sie mit Sorge auf die nächste Kontrolle des Pharmazierats blicke. Probleme habe es auch bei der elektronischen Rezeptkontrolle gegeben. Schulungen zu XT seien überhaupt nicht mehr angeboten worden.

Im Februar bot ihr der Außendienst erneut an, auf Pharmatechnik IXOS umzusteigen – aus Kulanz sogar zum Preis von XT. Doch die Apothekerin hatte genug, kündigte im März fristlos und wechselte zu Prokas. Den Vertrag hat sie wegen Irrtums und arglistiger Täuschung angefochten. Pharmatechnik bestritt dies im Rechtsstreit. Probleme habe es nur bei vereinzelten Rezepten gegeben, diese seien bis Mitte Januar behoben worden, trug das Softwarehaus vor

Vor dem Amtsgericht wurde zunächst über die Miete für Februar und März gestritten, im Kern geht es aber um sehr viel mehr. Denn Pharmatechnik hat die Kündigung erst zu Ende 2020 akzeptiert, demnach schuldet die Apothekerin insgesamt noch rund 67.000 Euro. Weil sie sich weigerte, zu bezahlen, wurde sie von dem Softwarehaus verklagt.

Beim ersten Termin vor dem Amtsgericht Starnberg hätte der Richter gerne einen Vergleich gesehen. Doch der Pharmatechnik-Anwalt war offenbar ohne Verhandlungsmandat angereist. Trotzdem stand eine außergerichtliche Einigung noch im Raum, wobei der Richter die lange Restlaufzeit gern berücksichtigt gesehen hätte. Doch dazu sollte es nicht kommen. Einen Monat später verkündete das Gericht sein Urteil: Die Apothekerin muss zahlen.

Die Apothekerin habe sich zwischen der Übernahme der Apotheke und dem neuen Vertragsabschluss mit der Funktionsweise des Systems auseinandersetzen können, heißt es in der Urteilsbegründung. Zudem sei ihr IXOS vorgestellt worden, sie habe sich dennoch für einen neuen Vertrag zu dem alten System entschieden.

Auf die von der Apothekerin vorgetragenen Mängel geht das Gericht in seiner Entscheidung nicht weiter ein. Schließlich sei ihr angeboten worden, zum gleichen Preis auf die neue Software zu wechseln. „Auch dies kann ein geeigneter Weg zur Mangelbeseitigung sein, den der Mieter nicht treuwidrig verweigern darf“, so die Richter.

Die ordentliche Kündigung ist laut Urteil damit erst zum 31. Dezember 2020 wirksam. Service- und Wartungsteile des Vertrages können demnach auch nicht separat gekündigt werden, nur weil die Apothekerin zwischenzeitlich den Anbieter gewechselt hat. Die Apothekerin hat Berufung eingelegt, die Sache liegt jetzt beim Landgericht München II.

Trotz des klaren Sieges in erster Instanz zeigt sich das Softwarehaus kompromissbereit: Man werde noch einmal mit der Apothekerin sprechen und sicherlich eine Einigung finden, kündigte Pharmatechnik-Gründer Dr. Detlef Graessner an.