Hexal-Chef schlägt Alarm

Amoxicillin: Bald unerschwinglich? Patrick Hollstein, 25.10.2022 16:06 Uhr

Wegen steigender Energiekosten droht für das letzte europäische Amoxicillin das Aus. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Im österreichischen Kundl werden noch Penicilline produziert, und zwar vom Wirkstoff bis zum Fertigarzneimittel. Die Frage ist: Wie lange noch? Die letzte europäische Produktionsstätte für diese lebenswichtigen Antibiotika ist mit explodierenden Energiekosten konfrontiert – und der Hersteller Sandoz überlegt, ob er angesichts der Erstattungspreise hierzulande die Reißleine ziehen muss.

Das Sandoz-Werk in Kundl stellt auch Amoxicillin her – ein Penicillin-Derivat, das etwa Kinder bei Lungen- oder Mittelohrentzündungen verschrieben bekommen. Der Preis, den die Hersteller dafür bekommen, sinkt laut Branchenverband Pro Generilka seit Jahren. Immer mehr Unternehmen hätten sich deshalb aus dem Markt zurückgezogen. Mittlerweile habe Sandoz/Hexal einen Marktanteil von 70 Prozent.

Steigende Energiekosten verschärfen das Problem: „Wir haben bei der Antibiotika-Produktion massive Kostensteigerungen“, sagt Peter Stenico, Country Head Sandoz Germany. „Das Werk in Kundl verbraucht etwa so viel Strom wie die Stadt Innsbruck. Die Energiekosten lagen bisher bei etwa 10 bis 15 Millionen Euro im Jahr. Die Prognose für 2023: Kosten von 100 bis 120 Millionen Euro.“

Trotz explodierender Kosten könnten die Hersteller die Preise für Amoxicillin nicht erhöhen. Diese würden durch Festbeträge und aggressive Ausschreibungen der Krankenkassen auf Kellerniveau festgeschrieben, so Pro Generika.

Hersteller in der Kostenfalle

„Wenn Unternehmen mit der Herstellung von Arzneimitteln ins Minus rutschen, müssen sie die Produktion einstellen“, sagt Bork Bretthauer, Geschäftsführer von Pro Generika. „Die Politik muss jetzt gegensteuern und es den Generikaherstellern möglich machen, ihre Preise den Kosten anzupassen. Ansonsten ziehen sich noch mehr Unternehmen zurück und es wird weitere Engpässe geben.“

Wie riskant es sei, wenn die Versorgung bloß noch von einem Hauptanbieter gestemmt werde, merken laut Pro Generika die Patient:innen bereits in der Apotheke. Während der Bedarf an Amoxicillin in die Höhe schnelle, könne die Produktion so schnell nicht angepasst werden. Erste Lieferengpässe seien die Folge. Und andere Hersteller könnten nicht einspringen, da sie die Produktion längst eingestellt hätten.