Erst verkündet, dann entschieden

E-Rezept: Die Abda hat nichts zu sagen APOTHEKE ADHOC, 05.05.2021 15:32 Uhr

Keine klare Ansage: Die Abda schweigt sich zu den Umständen der E-Rezept-Einführung aus. Foto: Constanze Tillmann
Berlin - 

Ziemlich genau acht Wochen sind es noch, bis das E-Rezept kommen soll – zumindest für rund 120 Apotheken in Berlin und Brandenburg. Welche das sein werden, steht aber offenbar noch gar nicht fest. Die Abda hält Informationen zurück, die Gematik verbleibt im Ungefähren. Offensichtlich nicht der einzige bemerkenswerte Vorgang rund um die E-Rezept-Einführung: Den Beschluss zur Beschränkung auf die Modellregion hat die Gesellschafterversammlung der Gematik nach Angaben der Abda erst gefasst, nachdem er bereits bekannt geworden war. Dass sich hunderte bis tausende Apotheken nicht nur umsonst auf den 1. Juli vorbereitet haben, sondern schlimmstenfalls nur eine kurze Erprobungsphase vor Jahresende erhalten, bevor sie das E-Rezept fehlerfrei bedienen können müssen, ist der Abda keine Stellungnahme wert.

Am Donnerstag hatte APOTHEKE ADHOC berichtet, dass das E-Rezept ab dem 1. Juli – anders als bislang landläufig erwartet – nicht bundesweit, sondern nur in einer Modellregion in Berlin/Brandenburg eingeführt wird. Noch am selben Abend verschickte die Gematik eine Pressemitteilung, in der sie dies bestätigte und erstmals erklärte, wie der Start ablaufen soll. Da war das allerdings nach Aussage der Abda noch gar nicht beschlossen worden: „Der Beschluss wurde einstimmig in der Sonder-Gesellschafterversammlung der Gematik am 30. April 2021 gefasst“, erklärte die Standesvertretung später dazu. Also einen Tag später.

Laut Gematik-Geschäftsführer Dr. Markus Leyck Dieken wussten aber Ärzte, Apotheker und Kassen längst davon: „Dieser Plan, das sofort deutschlandweit auszurollen, war nie der Wunsch der Gesellschafter der Gematik“, erklärte er dazu am Freitag im Video-Interview. Alle Gesellschafter – damit auch der Deutsche Apothekerverband (DAV) – seien darüber stets im Bilde gewesen, dass das E-Rezept ab Juli vorerst nicht bundesweit verfügbar sein wird. Warum die Abda die deutschen Apotheken nicht von Beginn an transparent darüber informierte, bleibt vorerst ihr Geheimnis – Fragen dazu beantwortet sie auch auf mehrfache Nachfrage hin nicht.

Laut Gematik soll das E-Rezept erst im Lauf des vierten Quartals schrittweise deutschlandweit ausgerollt werden – bis dahin werden über 99 Prozent der Apotheken in Deutschland noch kein E-Rezept der Gematik zu Gesicht bekommen. Die Live-Erprobung kann sich für viele Apotheken also schlimmstenfalls auf wenige Tage bis Wochen beschränken. Danach müssen sie die Handhabung der elektronischen Verordnungen dann fehlerfrei beherrschen. Die Abda sieht kein Problem: Im Juli seien die Apotheken „E-Rezept-ready“, womit sie ihre digitale Kompetenz unter Beweis stellten, heißt es auf Anfrage lediglich.

Immerhin 120 Apotheken sollen ein halbes Jahr Probezeit erhalten. Aber welche sind das und wie wurden sie ausgewählt? Auch das verrät die Standesvertretung nicht. „Die Zahl der teilnehmenden Apotheken ergibt sich aus dem Gesamtsetting der teilnehmenden Ärzte sowie der teilnehmenden Patienten je Arztpraxis“, ist die einzige Information, die sie auf die Frage hin preisgibt. Weiß die Abda wenigstens selbst, welche es sind? Bei der Nachfrage verweist sie an die Gematik.

Von dort kommen zumindest Andeutungen. Die Erprobung schließe an die Phase an das bisherige Modellprojekt der Zukunftsregion Digitale Gesundheit (ZDG) in Berlin-Brandenburg an, erklärt eine Sprecherin auf Anfrage. Offenbar steht aber acht Wochen vor Start noch gar nicht fest, welche Betriebe sich am E-Rezept-Piloten beteiligen werden. „Teilnehmende Apotheken des bisherigen Modellprojektes sind bevorzugte Partner der Testphase in Q3/2021“, so die Gematik. „Weitere Apotheken werden durch das ZDG-Projekt in Abstimmung mit dem Berliner Apothekerverein zudem gezielt angesprochen, dabei wird auch auf die lokale Nähe zu den teilnehmenden Ärzten geachtet.“ Zu einer Liste der Teilnehmer könne noch keine Rückmeldung gegeben werden.

Das ZDG-Projekt ist das Dach, unter dem der DAV bereits seit 2019 in Berlin das E-Rezept erprobt. Tatsächlich erwähnt der DAV auf der dazugehörigen Seite nun, dass „die Projektteilnehmer:innen automatisch die bevorzugten Partner für die Anlaufphase der E-Rezept-Lösung der Gematik“ seien: „Die Testphase wird ab dem 01.07.2021 starten, so dass die Teilnehmer:innen bis zum gesetzlich verbindlichen Starttermin am 01.01.2022 über einen großen Erfahrungsvorsprung verfügen. Sie sind optimal auf die neuen Prozesse eingestellt und beherrschen problemlos und sicher den Versorgungsablauf mit der neuen E-Rezept-Lösung.“

Als Teilnehmer sind allerdings nur 51 Apotheken aufgezählt, die zur Überführung in das Gematik-Projekt noch ihre Zustimmung geben müssen. Die restlichen Apotheken in Deutschland sollen später im Jahr nach und nach folgen. Die Gematik beteuert, dass sich die bundesweite Einführung „ab dem 4. Quartal“ anschließen werde, „sodass alle (Zahn)Ärzte und Apotheker bis zum 01. Januar 2022 ausgestattet werden können“.