Keine Winterbevorratung

Zentiva stoppt Ibuflam-Direktgeschäft Alexander Müller, 16.12.2022 11:20 Uhr

Großhandel als Lückenbüßer: Zentiva stoppt sein Direktgeschäft. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Zentiva stoppt offiziell seine Direktbelieferung der Apotheken mit Ibuflam – was nicht weiter verwundert, weil der Fiebersaft von den massiven Engpässen betroffen ist. Umso erstaunlicher ist, dass der Hersteller die Apotheken an die Großhändler verweist, obwohl diese schon seit Oktober quasi nicht mehr beliefert wurden.

„Bestellmöglichkeit über den Großhandel“, heißt es hervorgehoben in einem Fax, das Zentiva an die Apotheken geschickt hat. Ausführlicher im Anschreiben: „Die anstehenden Feiertage stellen eine logistische Herausforderung dar. Um die Versorgung und Auslieferung flächendeckend zu gewährleisten, werden wir den Großhandel beliefern“, kündigt der Hersteller an.

Keine Direktbestellungen in KW 50

Das Direktgeschäft wird dagegen komplett eingestellt: „Die für KW 50 geplante Apotheken-Auslieferung sowie sonstige Direktbestellungen können daher nicht erfolgen.“ Und dann noch einmal: „Wir bitten Sie, Ihren Bedarf über den pharmazeutischen Großhandel zu bestellen.“

Unter den Großhändlern herrscht großes Unverständnis für diese Aktion. Denn aus Statistiken, die APOTHEKE ADHOC vorliegen, sind die Vertriebswege des Herstellers klar ersichtlich: Im Juni und Juli wurde noch viel Ibuflam in den Markt gedrückt, weit überwiegend über den Großhandel. Auch nach dem Einbruch im August und September war der Anteil des Direktgeschäfts relativ gering. Im Oktober gab es so gut wie kein Ibuflam. Auffällig ist die Verteilung im November: Während Zentiva den Fiebersaft fast auf dem Niveau des Julis direkt an die Apotheken auslieferte, bekamen die Großhändler gar nichts.

Gewinne im Direktgeschäft mitgenommen

In der Branche wird vermutet, dass Zentiva im November vor allem die Rabatte an den Großhandel sparen und die Gewinne selbst mitnehmen wollte. Das sei zwar betriebswirtschaftlich verständlich, aber der aktuelle Verweis auf die Großhändler wird in diesem Licht dann doch als grobes Foulspiel verstanden. Der Hersteller wisse doch nur zu gut, dass die Großhändler kein Ibuflam haben könnten.

Zentiva bewertet die vergangenen Wochen im Schreiben an die Apotheken so: „Mit hohem Aufwand und vielen Kompromissen ist es bisher gelungen, gemeinsam mit der Apothekerschaft Millionen Kinder zu versorgen. Bereits über 6600 Apotheken wurden direkt beliefert. Wir sehen uns in der Verantwortung, diesen Aufwand so lange weiterzubetreiben, bis eine ausreichende Versorgung sichergestellt ist.“ Den Großhändlern wird allerdings auf Nachfrage mitgeteilt, dass Ibuflam erst im Februar wieder verlässlich zu bekommen sei.

Ärger mit Pharma Mall

Tatsächlich schauen viele Apotheken auch bei Pharma Mall nach Ibuflam. Hier tauchen seit Wochen immer wieder Phantom-Bestände auf: Erst sind Bestellungen möglich, dann wird die Lieferung abgesagt. Laut Pharma Mall liegen die Probleme bei der Verfügbarkeitsanzeige alleine im Verantwortungsbereich des Herstellers.

BfArM stiftet Unruhe

Den Ärger haben jetzt die Großhändler, bei denen naturgemäß die Nachfragen der Apotheken auflaufen. Dazu hat auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) beigetragen. Dort geht man nämlich von einer Verteilproblematik aus. Die Behörde appellierte an Apotheken und Großhändler, „eine Bevorratung, die über das Maß eines wöchentlichen Bedarfs hinausgeht, zu unterlassen“.

Dieses Narrativ – Apotheken und Großhändler bunkerten Arzneimittel – wird leider in den Berichten der Publikumspresse regelmäßig weitergetragen. Während es bei Apotheken noch vorkommen kann, dass sie einzelne Packungen für den nächsten Notdienst zurücklegen, um echte Versorgungsengpässe zu verhindern, gibt es für Großhändler keinen ersichtlichen Grund, auf Ware sitzen zu bleiben. Im Gegenteil: In den Niederlassungen liegen Nachlieferungs-Anfragen von mehreren hunderttausend Packungen.

Auch hier kommt es teilweise zu chaotischen Abläufen: Über MSV3 können Apotheken zwar Bestellungen zur Nachlieferung aufgeben. Das funktioniert aber nur bis zu einer gewissen Menge. Während Aufträge über zehn Packungen in der Regel gespeichert werden, wird man bei Eingabe größerer Mengen einfach rausgeworfen.