Apothekenbetriebsordnung

Streit um Honig: Verkauf geht weiter Lothar Klein, 09.04.2018 14:25 Uhr

Berlin - 

Neben Arzneimitteln und Medizinprodukten werden in Apotheken häufig auch andere Produkte angeboten: Diäthilfen, Fitness- und Nahrungsergänzungsmittel, Babynahrung und Zwieback. Die Grenzen des Zulässigen sind fließend. Deshalb gibt es immer wieder Ärger mit der Aufsicht – wie zuletzt bei Apotheker Reinhard Rokitta. Er musste nicht nur seinen Spendentisch vor seiner Apotheke abbauen, sondern auch den Honig zwischenzeitlich aus den Regalen räumen. Das ließ er sich nicht gefallen: Jetzt bietet Rokitta den gelben Stoff wieder an.

Ende Oktober 2017 gab es eine Revision in der Punkt-Apotheke in Bünde. Jahrelang hatte Rokitta dort den Honig ohne Beanstandung angeboten und verkauft. Jetzt wunderte er sich nicht schlecht, als ihm Mitte Januar mit dem Revisionsbericht der Verkauf von Honig untersagt wurde. Der Apotheker entfernte das Angebot daraufhin aus seinem Sortiment und beauftrage seinen Anwalt mit der Prüfung des Sachverhaltes. „Unter anderem wird auch das Lebensmittel Zwieback in den meisten Apotheken vorrätig gehalten, bei Durchfall empfohlen und verkauft. Dürfen wir den dann auch nicht mehr abgeben? Oder gibt es unterschiedliche Interpretationen der ApoBetrO? Das wäre fatal“, so Rokitta.

Pütter GmbH & Co. KG, Hersteller des bekannten Durchfallmittels Perenterol empfehle sogar Zwieback, so der Apotheker. „Der Klassiker bei Magen-Darm-Problemen. Zwieback ist bekömmlich und enthält wenig Fett“, heißt es auf der Herstellerseite. Daneben empfiehlt die Firma gegen Durchfall Haferflocken, Möhren, Äpfel, Bananen und Gemüsebrühe. Wo ist das Problem, fragte sich Rokitta.

Anfang Februar schrieb Rokittas Anwalt daher einen siebenseitigen Brief an die Apothekenaufsicht: Falsch sei die Feststellung der Berichterstatterin, wonach Honig als Lebensmittel keine apothekenübliche Ware darstelle. Dieser Hinweis unter Erwähnung des § 1a der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) zu apothekenüblichen Waren „geht fehl“. Darin heißt es unter anderem: „Apothekenübliche Waren sind Mittel sowie Gegenstände und Informationsträger, die der Gesundheit von Menschen und Tieren unmittelbar dienen oder diese fördern.“

Darauf bezieht sich Rokittas Anwalt: „Dass Honig als hochwertiges Lebensmittel die Gesundheit von Menschen fördert, dürfte unstrittig sein.“ Das Angebot von Honig als gesundheitsfördernder Substanz dürfte daher ohne Zweifel mit der einschlägigen Regelung der ApBetrO vereinbar sein: „Der diesbezügliche Vorwurf, wonach Honig nicht als apothekenübliche Ware anzusehen sei, wird zurückgewiesen.“

Es dürfte zudem bekannt sein, dass verschiedene andere Lebensmittel wie zum Beispiel Babynahrung und Bachblüten durchaus zum apothekenüblichen Nebensortiment gezählt werden, so der Anwalt. So werde auch in der Literatur die Auffassung vertreten, das Bachblüten uneingeschränkt in Apotheken verkauft werden dürften, „obgleich sie als Lebensmittel einzustufen sind“. Nach dem anwaltlichen Schreiben hat Rokitta den Honig wieder in die Apothekenregale gestellt. Bislang gab es keine Reaktion der Aufsicht.

In Ausnahmefällen können Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel oder diätetische Lebensmittel sogar von den Krankenkassen erstattet werden: „Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung, wenn eine diätetische Intervention mit bilanzierten Diäten medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich ist“, heißt es im Gesetz. Die Anforderungen an die bilanzierten Diäten, die im Rahmen einer enteralen Versorgung verordnungsfähig sind, sind in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) festgelegt.

In medizinisch notwendigen Fällen sind die Präparate ausnahmsweise verordnungsfähig und haben einen Sonderstatus. Verordnungsfähig sind Trinknahrungen – sogenannte Elementardiäten, Sondennahrungen, Aminosäuremischungen oder Eiweißhydrolysate. Die bilanzierten Diäten müssen jedoch der Diätverordnung (DiätV) entsprechen.

Es besteht eine indikationsspezifische Verordnungsfähigkeit. So können beispielsweise Spezialprodukte bei Niereninsuffizienz, Kuhmilcheiweißallergie für Säuglinge und Kleinkinder, multiple Nahrungsmittelallergien, Fettverwertungsstörungen, Malassimilationssydrome, Defekte im Aminosäuren-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel und ketogene Diäten im Falle einer Epilepsie ohne ausreichende Anfallskontrolle verordnet werden. Nicht erstattet werden zum Beispiel Produkte mit einem Energiegehalt unter 1 kcal/ml oder Andickungsmittel.