Filialleiter:in vergebens gesucht

„Stadt-Gehälter“ können wir nicht bezahlen Carolin Ciulli, 29.06.2021 14:07 Uhr

Kein Personal: Martin Sternberg von der St. Valentin Apotheke muss seine Filiale nach zehn Jahren schließen. Foto: St. Valentin Apotheke
Berlin - 

Kleine Landapotheken finden immer schwerer Approbierte. Auch die Farma-Plus Apotheke am Bahnhof in Welschen Ennest gibt die Suche nach einer Fialleiterin oder einem Filialleiter nach mehreren Monaten auf. Der Betrieb von Apotheker Martin Sternberg wird Ende Juli schließen.

Arztpraxis, Gasthäuser, Supermarkt – das Dorf Welschen Ennest in Nordrhein-Westfalen mit rund 1600 Einwohnern verfügt für die Größe über eine relativ gute Infrastruktur. Die Filiale der St. Valentin Apotheke in Schmallenberg wurde vor zehn Jahren gegründet, nachdem der Arzt das alte Bahnhofsgelände zur Praxis ausgebaut hatte. Künftig müssen die Einwohner jedoch auf eine pharmazeutische Beratung vor Ort verzichten.

Ab August wird es in dem Ort keine Apotheke mehr geben. Nachdem klar war, dass die aktuelle Filialleitung den Betrieb verlassen wird, suchte Sternberg per Anzeigen und über soziale Medien nach einem Ersatz. Auch junge Approbierte und Berufsanfänger wurden angesprochen. Doch nach mehreren Monaten fand sich kein geeigneter Nachfolger.

Ein Grund dafür sei die ländliche Lage der Apotheke, sagt Sternberg. „Auf dem Land ist es sehr schwer, Approbierte zu finden.“ Auch für die Hauptapotheke wird bereits seit einem Jahr nach Apotheker:innen gesucht. Zudem ist die Bezahlung ein Thema: „Die Gehaltsvorstellungen sind dick über Tarif. Was in der Stadt bezahlt wird, können wir hier nicht leisten.“ Laut Tarif steigt ein:e Approbierte:r bei rund 3500 Euro brutto ein, ab dem elften Berufsjahr sind es rund 4300 Euro. In Nordrhein erhalten Filialleiter:innen noch einen Aufschlag.

Die Filiale in Welschen Ennest und die fachliche Beratung werde den Kunden fehlen, so Sternberg, der damit noch zwei Apotheken betreibt. Die nächste Apotheke liege rund zehn Kilometer entfernt. Zwar werde ein kostenloser Botendienst angeboten, doch den persönlichen Kontakt könne dieser nicht ersetzen. Sternberg sieht für kleine Filialen keine rosige Zukunft: „Wir werden nicht die letzten sein“, prognostiziert er. Die Zahl der Apotheken ist laut Abda-Zahlen bis Ende 2020 um 322 auf 18.753 gesunken, Ende 2019 waren es noch 19.075 Betriebe.

Die Filialisierung nimmt bundesweit leicht zu. Ende 2020 gab es 3299 Betriebe mit mindestens einer Filiale. Die Apotheke am Bahnhof sei nur so tragbar gewesen, so Sternberg. Als eigenständiger Betrieb lohne sich der Standort aber nicht. „Wer will so eine kleine Landapotheke haben? Davon kann man nicht leben, das wäre reine Selbstausbeutung.“