Rezeptur-Retax: BSG lässt Kassen abblitzen 14.11.2025 09:50 Uhr
Bei Rezepturen dürfen Apotheken die erforderlichen Packungen abrechnen – und nicht nur Teilmengen. Der Wortlaut sei eindeutig, entschied das Bundessozialgericht (BSG) gestern: Bei ihren Sparbemühungen dürften sich die Kassen nicht über ihre eigenen Vereinbarungen hinwegsetzen. Wenn man anderer Ansicht sei, müsse man das gesetzlich oder vertraglich regeln.
Zurecht hätten die Vorinstanzen für die Vergütung der Abgabe von Rezepturarzneimitteln an den Apothekeneinkaufspreisen der Verpackungen angeknüpft, die für die Zubereitungen jeweils mindestens erforderlich waren: Nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) sei bei der Abgabe einer Zubereitung aus einem Stoff oder mehreren Stoffen, die in Apotheken angefertigt wird, ein Festzuschlag von 90 Prozent auf die Apothekeneinkaufspreise ohne Umsatzsteuer für Stoffe und Verpackung zu erheben: „Auszugehen ist von den Apothekeneinkaufspreisen der für die Zubereitung erforderlichen Mengen an Stoffen und Fertigarzneimitteln (§ 5 Absatz 2 Satz 1 AMPreisV). Maßgebend ist bei Stoffen der Einkaufspreis der üblichen Abpackung und bei Fertigarzneimitteln der Einkaufspreis der erforderlichen Packungsgröße (§ 5 Absatz 2 Satz 2 AMPreisV).“
Auch wenn geringere Mengen verarbeitet würden, knüpfe die Vorgabe in Gestalt einer abstrakten Preisberechnungsregelung als Grundlage für den Festzuschlag allein maßgebend an den Einkaufspreisen der Packungen an, die mindestens erforderlich waren, um die für die Zubereitung konkret verordneten Mengen zu erhalten. „Nur für diese erhältlichen Packungsgrößen gelten ohne Weiteres feststellbare Apothekeneinkaufspreise.“
Der Regelung könne nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, dass abweichend hiervon bezogen auf die konkret erforderliche zu verwendende Menge rechnerisch erst zu ermittelnde Preise, die nicht den Apothekeneinkaufspreisen erhältlicher Packungsgrößen entsprechen, maßgebend für den Festzuschlag sein sollen. „Eine solche allein mengenbezogene konkrete Preisberechnung entspricht nicht Wortlaut und Systematik des § 5 Absatz 2 AMPreisV, die an Apothekeneinkaufspreisen und damit an Abgabepreisen pharmazeutischer Unternehmer für erhältliche Packungsgrößen anknüpfen statt an konkret verwendeten Teilmengen dieser Packungen.“
Änderung im Rahmenvertrag
Eine derartige Berechnung ließe sich zwar nach § 5 Absatz 4 vertraglich vereinbaren; das sei aber nicht geschehen. „Auch Aussagen zur preisrechtlichen Bedeutung von Anbrüchen und deren Haltbarkeit sowie von Verwürfen lassen sich § 5 Absatz 2 AMPreisV nicht entnehmen.“
Doch nicht nur der Wortlaut, sondern auch der Sinn und Zweck dieser Abrechnungsregelung sei klar: „Die auch im Interesse der Vereinfachung ergangene Regelung der AMPreisV erfüllt diesen Zweck eher, wenn an ohne Weiteres feststellbaren Preisen erhältlicher Packungen angeknüpft wird statt an rechnerisch erst zu ermittelnden Preisen.“ Daran ändere auch das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot nichts: „Allein aus diesem lässt sich nicht ableiten, ein wirtschaftlicher Grundsatz der mengenbezogenen Vergütung hindere die Anknüpfung an den Einkaufspreisen für die erhältlichen Packungen, die zumindest die für die Zubereitung erforderlichen Mengen enthalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die AMPreisV ihrerseits ihrer Konzeption nach auf die Ausgabenregulierung ausgerichtet ist, der nicht nur auf eine bestimmte Art und Weise Rechnung getragen werden kann.“
Sollten die Krankenkassen die Position vertreten, dass dem Wirtschaftlichkeitsgebot nicht hinreichend konkret Rechnung getragen werde, bedürfe es entweder hiervon abweichender vertraglicher Vereinbarungen über rechnerisch ermittelte (fiktive) Einkaufspreise oder einer geänderten Rechtsverordnungsregelung. „Dies kann durch gerichtliche Auslegung der Verordnungsregelung nicht ersetzt werden.“
BMG will Teilmengen
Zusätzliche Bedeutung hat der Prozess auch deswegen, weil die Hilfstaxe mittlerweile nicht mehr gilt und die Kassen wegen der veränderten Preisberechnung bereits massenhaft Retaxationen ausgesprochen haben. Das BMG will aber in der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) regeln, dass bei der Verarbeitung von Fertigarzneimitteln nur Teilmengen abgerechnet werden können.