Raus aus Vorfinanzierung: „Sofortabrechnung entlastet Apotheken“ 14.11.2025 13:29 Uhr
Der letzte Punkt der Stellungnahme der Abda zur Apothekenreform hat Frank Böhme überrascht. Der Gründer von Scanacs trommelt seit Jahren für die Direktabrechnung; jetzt will auch die Standesvertretung plötzlich kürzere Zyklen. Bislang hatten die standeseigenen Rechenzentren daran bislang wenig Interesse, da sie über Abschlagszahlunen die Vorfinanzierung der Apotheken übernehmen und damit Geld verdienen. Auch wenn Scanacs auf Einzel- statt Sammelabrechnungen setzt, fühlt Böhme sich durch den Kurswechsel bestätigt. Er rechnet vor, dass man so die Apotheken um einen Milliardenbetrag entlasten kann.
„Die Abda hat mit ihrer Forderung nach einer täglichen Abrechnung Recht“, so Böhme. „Denn monatliche Abrechnungszyklen sind nicht mehr zeitgemäß, zumal zum Beispiel Krankenhäuser ihre Aufnahme- und Entlassanzeigen sowie die Abrechnung bereits seit 2001 täglich vollelektronisch an Krankenkassen übertragen. Warum sollte das bei Apotheken also nicht gehen?“
Um eine zentrale, eindeutige Abrechnungsgrundlage zu schaffen und den administrativen Aufwand durch neue, standardisierte Prozesse zu reduzieren, unterstütze man eine entsprechende Gesetzesinitiative zur Anpassung des § 300 Sozialgesetzbuch (SGB V) an ein modernes, digitales Umfeld ausdrücklich, so Böhme. „Die rasante technologische Entwicklung einerseits und die demografischen Herausforderungen andererseits machen die Dringlichkeit, bestehende Schlüsselprozesse zügig effizienter zu gestalten, mehr als deutlich.“
Vorfinanzierung häufig über Darlehen
Ein zentraler Punkt sei dabei die häufig diskutierte Vorfinanzierung von Arzneimitteln durch Apotheken. „Nach unseren Erfahrungen müssen rund 50 Prozent der Apotheken Arzneimittel bis zur Erstattung durch die Krankenkasse über Darlehen vorfinanzieren. Das gilt insbesondere bei hochpreisigen Arzneimitteln. Ursache ist unter anderem die wachsende Anzahl chronisch kranker oder multimorbider Menschen, die zu einer vermehrten Abgabe immer teurerer Medikamente und zu einer Konzentration auf die verbleibenden Leistungserbringer führt.“
Böhme rechnet vor: Bei Gesamtausgaben von rund 54 Milliarden Euro, einem mittleren Zinssatz von 8 Prozent und einem durchschnittlichen Finanzierungszeitraum von 15 Tagen pro Monat beziehungsweise 180 Tagen pro Jahr ergäben sich jährliche Finanzierungskosten von mehr als einer Milliarde Euro. „Geld, das dem Gesundheitswesen entzogen und dem Finanzsektor zugeführt wird.“ Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sollten die Leistungserbringer im Gesundheitswesen nicht auf die Finanzierung über den Kapitalmarkt angewiesen sein, so Böhme.
Der bisherige Abrechnungsprozess für Arzneimittel trage zu bestehenden Ineffizienzen bei, denn ärztliche Verordnungen würden häufig noch immer von Mitarbeitenden der Krankenkassen manuell geprüft. „Teilweise werden E-Rezepte sogar so umgewandelt, dass sie wieder wie der bekannte rosa Zettel aussehen. Hier ist ein politischer Impuls unbedingt notwendig. Offensichtlich ist die Selbstverwaltung bei der Modernisierung dieser Prozesse in den letzten Jahren an ihre Grenzen gestoßen.“
Flächendeckende Umsetzung kein Problem
Dabei werde einerseits durchaus die Notwendigkeit betont, bürokratische Hürden abzubauen und die Digitalisierung konsequent voranzutreiben; andererseits verzögerten Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen auf bestehende Strukturen die Umsetzung neuer Regelungen. „Die flächendeckende Umsetzung digitaler Abrechnungsprozesse stellt keine Herausforderung dar. Denn sie sind bei Vorreitern der GKV und in Apotheken seit Jahren etabliert“, so Böhme. „Mit einer verpflichtenden täglichen Abrechnung ließe sich ohne zusätzliche Kosten ein erhebliches Nutzenpotenzial erschließen.“
Die notwendige Technologie zur Umsetzung des Abda-Vorschlags stehe mit der Direktabrechnung von Scanacs bereits zur Verfügung. „Daher gehen wir noch einen Schritt weiter. Neben der Erweiterung des § 300 SGB V um eine tägliche Abrechnung von E-Rezepten, schlagen wir die Einführung einer echten Wahlfreiheit, einer Echtzeitprüfung sowie eine verpflichtende Verwendung von elektronischen Rechnungen vor.“