Stoma-Ausschreibung

Petition: Warnschuss für DAK APOTHEKE ADHOC, 02.03.2018 15:13 Uhr

Berlin - 

In einer Online-Petition der „Selbsthilfe Stoma-Welt“ haben sich 5435 Unterzeichner gegen die Ausschreibung der Stoma-Versorgung durch die DAK-Gesundheit ausgesprochen. Die Initiative „Faktor Lebensqualität“ begrüßte dieses klare Signal der Betroffenen gegen einen Abbau der Qualität in der medizinischen Versorgung. Aus Sicht der Initiative ist es ein deutlicher Warnschuss für die DAK-Gesundheit, dass sich in so kurzer Zeit so viele Menschen gegen die Ausschreibung gewendet haben.

Ausschreibungen in diesem sensiblen Bereich gefährden laut Selbsthilfegruppe das Wohl und die Gesundheit der Patienten, weil diese, wie jede Ausschreibung, eine Kostenreduzierung zum Ziel hätten. Außerdem schränkten sie die Wahlfreiheit der Betroffenen ein. Die Kommentare zur Petition auf dem Portal „openPetition“ verdeutlichten sehr eindringlich, zu welcher Verunsicherung die Ausschreibung bei Stoma-Trägern führt.

Nach Ansicht der Initiative verstößt die Ausschreibung der DAK darüber hinaus gegen geltendes Recht und die Absichten des Gesetzgebers bei der Neufassung des Heil- und Hilfsmittel-Versorgungsgesetzes (HHVG). Dies sehe eindeutig vor, dass Ausschreibungen nicht zulässig seien, wenn Hilfsmittel individuell angefertigt werden müssten oder die Versorgung mit einem hohen Dienstleistungsanteil verbunden sei. Dies treffe auf die ableitende Inkontinenz- und Stoma-Versorgung zu. „Die DAK hätte diese Leistungen also gar nicht ausschreiben dürfen“, so die Initiative. Die Initiative fordert die Krankenkassen auf, den mit der Petition deutlich gewordenen Willen der Patienten nicht zu ignorieren und die Absichten des Gesetzgebers nicht weiter zu unterlaufen.

Außerdem prüft das Bundesversicherungsamt (BVA) bereits einige Verträge, darunter die Ausschreibung der DAK zur Stoma-Versorgung. Auch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) beobachte aufmerksam die Ausschreibungspraxis einiger Krankenkassen. Laut „Frankfurter Allgemeiner Zeitung“ zweifelt auch der CDU-Gesundheitspolitiker Roy Kühne an der Rechtmäßigkeit der Ausschreibungen, weil darin der Preis entscheidend für den Zuschlag sein soll. Die Aktivitäten der Aufsichtsbehörden und der Politik lassen die Initiative hoffen, dass sie es nicht hinnehmen werden, dass die Kassen die Absichten des Gesetzgebers unterlaufen. Wenn dies mit dem bestehenden Rechtsrahmen nicht gesichert werden könne, fordert die Initiative gesetzliche Nachjustierungen, die die erforderliche Verbindlichkeit für die Versorgung der Patienten bringen.

Am 6. November 2017 hat die DAK-Gesundheit eine Ausschreibung zur Versorgung ihrer Versicherten mit Stomaartikeln (PG 29) und Inkontinenzhilfen (PG 15/für Urostoma) gestartet. Die Angebotsfrist endete Ende Januar. In der Petition wird DAK-Chef Andreas Storm persönlich angesprochen: „Herr Storm, uns Stomaträgern und Stomaträgerinnen macht diese Ausschreibung Angst. Die Unterzeichner fordern Sie auf, diese Ausschreibung sofort zu stoppen. Als Vorsitzender des Vorstands der DAK-Gesundheit haben Sie die Möglichkeit dazu. Und können damit die mit der Ausschreibung absehbaren negativen Folgen für 160.000 Menschen in Deutschland, die mit einem Stoma leben müssen, abwenden.“

Die Stomaträger seien rund um die Uhr, an sieben Tagen in der Woche, auf eine zuverlässige Hilfsmittel-Versorgung angewiesen. Die Hilfsmittel ermöglichten ein lebenswertes Leben. Die Hilfsmittel-Versorgung und die damit verbundene Betreuung durch qualifizierte Stomatherapeuten sei für Stomaträger eine „sehr sensible Angelegenheit“. Für viele sei es „ein langer und steiniger Weg“, bis die individuell passende und zuverlässige Stoma-Versorgung gefunden sei: „Wir haben Angst vor den Folgen, die wir nach Ausschreibungen der Krankenkassen in anderen Hilfsmittel-Bereichen bereits beobachten mussten.“

Die Ausschreibung der DAK habe nur einen Gewinner. Dieser Gewinner übernehme die Hilfsmittel-Versorgung. „Damit sind wir für die Auswahl der individuell passenden Stoma-Versorgung, für die zuverlässige Lieferung und für die Betreuung zu Hause von der Qualität eines einzigen Anbieters abhängig. Wollen wir aber bei unserem bisherigen Versorger bleiben, sind wir gezwungen, zu einer anderen Krankenkasse zu wechseln.“

Eine Ausschreibung gewinne der Anbieter mit dem niedrigsten Preis, also der niedrigsten monatlichen Erstattungs-Pauschale. Das habe für viele Menschen mit einer Inkontinenz bereits dazu geführt, dass sie ihre Hilfsmittel nicht mehr in der Qualität erhielten, die ihnen eine gute Lebensqualität garantiere. Oder sie müssten aus eigener Tasche aufzahlen.

Das im Frühjahr 2017 in Kraft getretene HHVG definiere Ausschreibungen für Hilfsmittel mit hohem Dienstleistungsanteil als „nicht zweckmäßig“. Die Stoma-Versorgung setze ohne Zweifel einen hohen Dienstleistungsanteil voraus. Mit ihrer Ausschreibung stelle die DAK-Gesundheit nicht nur den tatsächlichen Versorgungs-Bedarf von Stomaträgern in Frage, sie ignoriere auch den offensichtlichen Willen des Gesetzgebers.

14.000 Stomaträger sind laut Initiative in der DAK-Gesundheit versichert. Als drittgrößte Krankenkasse Deutschlands nehme die DAK eine Vorbild-Funktion gegenüber anderen Krankenkassen ein. Werde die Stoma-Ausschreibung der DAK-Gesundheit nicht gestoppt, würden weitere Krankenkassen diesem Beispiel folgen.