Erst Anzahlung, dann Schweigen?

Personalvermittlung: Apotheken sauer auf Apocenna Julia Germersdorf, 17.03.2023 10:42 Uhr

Firmen wie Apocenna versprechen gegen hohe Gebühren Unterstützung bei der Personalgewinnung sowie bei Urlaubs- und Notfallvertretungen. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

In Deutschland suchen Apotheken händeringend Mitarbeiter:innen, vor allem Approbierte und PTA. Die Situation ist extrem angespannt – ein Blick auf die Vielzahl der Stellenangebote zeigt, wie groß die Not ist. Firmen wie Apocenna versprechen gegen hohe Gebühren Unterstützung bei der Personalgewinnung sowie bei Urlaubs- und Notfallvertretungen. Doch offenbar klappt das nicht immer reibungslos: Inhaberinnen aus zwei Apotheken berichten.

Seit etwa einem Jahr hat eine Apotheke aus Brandenburg mit der Personalvermittlungsfirma einen Vertrag zur Personalsuche. Die Inhaberin braucht eine PTA. Immer mal wieder schicke Apocenna Werbefaxe, worauf sie schließlich reagiert habe. Nach einem freundlichen Erstkontakt seien diverse Eckdaten besprochen worden: Was wünsche man sich – Qualifikationen, Stundenanzahl, Arbeitsbeginn und so weiter. Daraufhin waren bereits 1000 Euro Bearbeitungsgebühr fällig. „Wir suchen nach Ihrem passenden Wunschkandidaten und melden uns“, habe es geheißen.

Es ist verdammt frustrierend, ständig vertröstet zu werden.

Anfänglich kam wenige Male und in unregelmäßigen Abständen die Information per Mail, dass sich noch nichts getan habe. Als dann weitere Rückmeldungen ausgeblieben seien, hakte die Apothekerin im November nach: Rief sie an, waren aber angeblich sämtliche Ansprechpartner im Gespräch. Man könne nicht durchgestellt werden, aber erhalte definitiv alsbald einen Rückruf. Auf den wartet die Inhaberin bis heute. Auf E-Mails oder Faxe wurde ebenfalls nicht reagiert, sie fürchtet, die 1000 Euro umsonst gezahlt zu haben.

Weiteres Beispiel aus Niedersachsen

Eine Apothekerin aus Niedersachsen berichtet über ähnliche Erfahrungen: Seit September hat sie einen Suchauftrag an Apocenna gegeben. Am Anfang hätten sich Mitarbeitende der Personalvermittlung gemeldet und per Mail kundgetan, dass bisher nichts erreicht wurde. Später seien die Rückmeldungen ausgeblieben. Auf Anrufe und Nachfragen, wie es denn aussehe, habe man stets nicht sagen können. Auch diese Apothekerin wurde mit dem Versprechen eines Rückrufs vertröstet. „Aber das war’s. Nichts passiert.“ Ebenfalls seit Ende des vergangenen Jahres bekommt die Inhaberin keine Rückmeldung mehr. Auch sie bezahlte die Dienstleistungspauschale in Höhe von 1000 Euro, die bei der Auftragserteilung fällig werden.

Die Performance passt da überhaupt nicht.

Über Werbepost sei auch sie auf die Personalvermittlungsfirma aufmerksam geworden. Das beiliegende Antwortschreiben sei schnell ausgefüllt gewesen. Binnen ein oder zwei Tagen habe man sich zurückgemeldet und über Ansprüche und Vorstellungen bezüglich des neuen Mitarbeiters oder der neuen Mitarbeiterin gesprochen und auch darüber, was man als Arbeitgeberin biete. „Alles sehr freundlich und die Fragen waren sinnvoll.“

Kommt es über Apocenna zu einem Vertragsabschluss mit einer Apothekerin oder einem Apotheker, werden 4000 Euro fällig. Bei Stellenantritt dann nochmals dieselbe Summe, wobei die anfängliche Dienstleistungspauschale gegengerechnet würde. Für PTA berechnet Apocenna die Hälfte. Bei Approbierten als Führungskraft beziehungsweise Filialleitung beläuft sich das Honorar sogar auf insgesamt 12.000 Euro.

Nachfrage bei Apocenna

Um überhaupt eine telefonische Erreichbarkeit gewährleisten zu können, habe man einen telefonischen Dienstleister dazwischen geschalten, weil die Mitarbeiter:innen der Personalvermittlungsfirma selbst sehr viel am Telefon seien – etwa mit Kund:innen oder Kandidat:innen, heißt es von Apocenna auf Nachfrage. Über diesen Dienstleister bekomme man die Information über den entsprechenden Anruf und melde sich in jedem Fall selbstverständlich zurück.

Die Behauptungen der beiden Apothekerinnen könne man nicht nachvollziehen. Man rufe Kund:innen stets zuück, könne aber nicht immer auf gewünschte Zeitfenster eingehen. Möglicherweise würden die Anrufer:innen auch ihre Rückrufnummer nicht angeben oder die Erreichbarkeit sei nicht klar kommuniziert worden. Man könne nur vermuten, dass die Apothekerinnen wegen des Personalmangels permanent selbst im Handverkauf tätig seien und daher nicht ans Telefon zu bekommen seien. Anderenfalls habe man bereits erlebt, dass man einen Rückruf anbiete, die Gesprächspartner es aber lieber selbst zu einem anderen Zeitpunkt erneut versuchen wollten.

Apocenna verspricht nichts

„Wir suchen nicht! Wir finden für Sie den passenden Mitarbeiter“, heißt es auf der Internetseite der Personalvermittlungsagentur aus Memmingen. Im Logo ist „Garantiert. Ohne. Nebenwirkungen.“ zu lesen. Anfänglich gebe man proaktiv regelmäßig Rückmeldungen an seine Auftraggeber:innen und natürlich auch, wenn ein Kandidat oder eine Kandidatin gefunden werden konnte. Wenn aber etwa nach einem halben Jahr niemand gefunden sei, rufe man nicht mehr jede Woche an. Im Erstgespräch mit dem Kunden werde diese Vorgehensweise auch klar kommuniziert. Ständige Rückmeldungen ohne informativen Inhalt würden schließlich Zeit rauben, die für die Personalakquise nötig sei.

Sollten Kund:innen Anpassungen oder Änderungen wünschen, könne sich jederzeit gemeldet werden. Auch wenn man als Personalvermittler selbst merke, dass eine bestimmte Voraussetzung an eine neue Mitarbeiterin oder einen neuen Mitarbeiter nicht erfüllt werden könne, komme man aktiv auf die Kund:innen zu, um einen Kompromiss zu ersuchen.

Wieviel pharmazeutisches Personal bereits vermittelt werden konnte, wollte man nicht sagen. „Aber es findet Wechsel statt.“ Auch über Zeitfenster wird geschwiegen: „Wie lange man für Kund:innen Personal sucht, ist im Schnitt zeitlich länger geworden. Das ist aber statistisch belastbares Material. Dazu machen wir keine Aussage.“