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Nähset, Tasche, Schere, Licht – sind für Apotheken nicht Alexander Müller, 07.11.2014 13:43 Uhr

Berlin - 

Die Grenzen apothekenüblicher Waren wurden mit der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) enger gezogen. Doch auch nach alter Fassung hatte ein Reisenähset als Angebot in der Offizin nichts zu suchen, entschied jetzt das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG). Die Richter untersagten einer Apothekerin aus Nordrhein-Westfalen ebenfalls, Kühltaschen und Stabfeuerzeuge zu vertreiben.

Im Juni 2011 hatte eine Apotheke der Maxmo-Gruppe auf ihren Flyern einen Vorteilsgutschein für das Reise-Nähset ausgelobt. Gegen eine geringe Schutzgebühr gab es die Zugabe. Im August folgte das Angebot für eine Umhängekühltasche, im Februar 2012 gab es ein „hochwertiges Alu-Stabfeuerzeug“.

Die Wettbewerbszentrale war gegen die Werbung vorgegangen. Die Apothekerin hatte jeweils auf den mittelbaren Gesundheitsbezug der Produkte verwiesen und keine Unterlassungserklärung abgegeben. Vor dem Landgericht Köln hatte sich die Wettbewerbszentrale bereits im Sommer 2013 durchgesetzt.

Die Berufung der Apothekerin blieb auch vor dem OLG Düsseldorf ohne Erfolg. Auch wenn der Gesundheitsbezug laut ApBetrO erst nach deren Novellierung „unmittelbar“ sein müsse, habe der Gesetzgeber auch zuvor schon einer Ausuferung des Warensortiments entgegenwirken wollen, so die Richter.

Es sei zwar zutreffend, dass – wie von der Apothekerin angeführt – mit dem Nähset Verbände geschlossen würden, dies sei allerdings eine sehr fernliegende Möglichkeit: Das Ende einer Mullbinde werde bei Fehlen einer Verschlussklammer normalerweise in den gewickelten Verband gesteckt oder verknotet, heißt es in der Urteilsbegründung. Dass man mit einem Reisenähset keine Wunden nähen sollte, verstehe sich von selbst.

Auch die Umhängekühltasche hat aus Sicht des OLG keinen Gesundheitsbezug. Die Apothekerin hatte vorgebracht, dass sich darin Getränke transportieren ließen, die vor einer Dehydration schützen oder die Einnahme von Arzneimitteln erleichtern könnten. Die Richter waren nicht überzeugt, „da dann jedes Getränk und Nahrungsmittel unter dem Gesichtspunkt der Lebenserhaltung unter den Begriff der apothekenüblichen Waren fallen würde“.

Einen möglichen Transport kühlpflichtiger Medikamente fanden die Richter schon wegen der engen Öffnung der Kühltasche unwahrscheinlich. Außerdem dürften Apotheken nach dieser Logik wiederum jedwedes Kühl- und Isoliermittel vertreiben. „Dass dies vom Gesetzgeber nicht gewollt ist, ist offenkundig“, heißt es im Urteil.

Schließlich ist der Verkauf von Feuerzeugen aus Sicht der Richter nicht damit zu rechtfertigen, dass sich damit „der Gesundheit dienliche Wärmequellen“ entzünden ließen. Die Werbung habe überdies nur den „Aspekt der Gemütlichkeit“ in den Vordergrund gestellt.

Den Richtern zufolge kommt auch keinem der Produkte ein „Placebo-Effekt“ zu wie etwa Bachblüten-Präparaten, „also eine wissenschaftlich nicht begründbare, aber empirisch belegte positive Veränderung des subjektiven Empfindens“.

Die gesetzlichen Grenzen finden die Richter nicht zu eng. Dem kaufmännischen Interesse des Apothekers an einer gewissen Ausweitung seines Sortiments trage der Katalog der ApBetrO angemessen Rechnung.

Das Gericht sah keinen Grund, in diesem Fall Revision zuzulassen. Die Maxmo-Apotheke kann dagegen noch Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) einlegen, ansonsten wird das Urteil rechtskräftig.