Institutionskennzeichen

Nullretax: BKK Energie rudert zurück Nadine Tröbitscher, 12.02.2018 15:10 Uhr

Berlin - 

Viel Verwirrung um Institutionskennzeichen (IK): Die vielen IK der BKK Energie sorgten erst für eine Nullretaxation, dann für deren Widerruf und kosteten im Anschluss Energie im Kampf, die Absetzung erneut abzuwenden. Am Ende fand man dennoch eine Einigung, die ein kleines Lehrgeld kostete.

Weil gemäß eines falsch in der Kundenkarte dokumentierten IK geliefert wurde, kassierte eine Apotheke in Brandenburg mehrere Nullretaxationen. Trotz Einsprüchen, Erklärungen und Bitten der Apothekerin blieb die Kasse hart und kürzte um den Gesamtbetrag. Das Problem: Die BKK Energie ist mit mehreren IK gelistet – das Kennzeichen, über das die Rabattarzneimittel ermittelt wurden, gibt es eigentlich gar nicht mehr.

Auf Nachfrage von APOTHEKE ADHOC nahm sich Kassenchef Frank Heine der Sache an. Der Vorstand meldete Entwarnung: „In diesem Einzelfall haben wir den Einspruch der Apotheke zwischenzeitlich anerkannt.“ Von der erfreulichen Nachricht wurde die Apotheke jedoch nie schriftlich in Kenntnis gesetzt. Stattdessen flatterte Wochen später die Ablehnung des Einspruchs in die Apotheke – Nullretax, lautete das Urteil. Und so wurde erneut nachgefragt.

Heine zeigte sich verwundert, schließlich stehe er zu seinem Wort und habe das nicht einfach so dahin gesagt. Erneut nahm der Vorstand sich des Themas an und schickte dann eine Mitarbeiterin ins Rennen, die Licht in das Dunkel brachte: Man hatte die ganze Zeit von zwei verschiedenen Apotheken gesprochen. Das Glück der einen Apotheke war das Leid der anderen. Es folgten Telefonate und E-Mails mit dem Ziel, die versprochene Nullretax abzuwenden.

Die BKK Energie zeigte sich kooperativ und bemüht und willigte schließlich ein, einen Teilbetrag zu erstatten. „Zu den Zeitpunkten der Verordnungen gab es jedoch bestimmte Rabattverträge zu den Wirkstoffen, so dass wir Ihnen die Summe erstatten können, die von unserem Dienstleister mit Ihrer Apotheke abgerechnet worden wäre, wenn Sie die Rabattarzneimittel abgegeben hätten“, teilte die Kasse der betroffenen Apotheke mit. Zur Berechnung des Erstattungsbetrages wurde der Durchschnitt der drei günstigsten Arzneimittel ermittelt. Anschließend wurden der VK-Abschlag sowie 10 Prozent für entgangene Herstellerrabatte abgezogen. Die Erstattungssumme „erhalten Sie in einer der nächsten Abrechnungen als Gutschrift“, so die BKK Energie. Die Herstellerrabatte, die aufgrund der fehlerhaften Abrechnung an die Kasse gezahlt wurden, sollen vom Dienstleister ermittelt und zurückerstattet werden.

Offen bleibt jedoch die Frage warum BKK Energie nicht gleich BKK Energie ist und alte inaktive IK nicht im System gelöscht werden. Denn dann wäre der Fehler bereits in der Apotheke aufgefallen. Heine teilt jedoch auf Nachfrage mit, dass alte IK nicht von der Abdata aus der Lauer-Taxe gelöscht würden. Die BKK Energie habe nun jedoch beauftragt, alle bestehenden Rabattverträge auch für alte IK zu melden.

Warum Kassen mehrere IK haben, ist schnell erklärt: Die zahlreichen Fusionen der vergangenen Jahre haben die Angaben unübersichtlich gemacht. Für die Energie BKK etwa sind in der Software noch 40 Kennzeichen hinterlegt. Zwar wird nur eine Kennung aktiv verwendet, doch wenn eine andere eingegeben wird, schlägt das System nicht Alarm. Heine bezog wie folgt Stellung: „Nach unseren bisherigen Recherchen werden in der aktuellen Lauer-Taxe zahlreiche IK für die Energie-BKK aufgeführt, die teilweise nicht offiziell von der Arge IK vergeben wurden beziehungsweise zu einem früheren Zeitpunkt Gültigkeit hatten. Es handelt sich somit um niemals oder nicht mehr zulässige IK, auf deren Grundlage die Rabattverträge und der Zahlungsverkehr mit den Leistungserbringern nicht abgewickelt werden können/dürfen.“

Die Kasse hat die Verantwortlichen bei der Abdata um Stellungnahme gebeten – die Antwort steht noch aus. Grundsätzlich gilt: „Die Abrechnung und Rezeptbelieferung zu Lasten der Energie-BKK ist ausschließlich über das offizielle Haupt-IK 102129930 möglich.“ Dieses ist laut Heine auch auf den gültigen Krankenversichertenkarten ausgewiesen.

Im geschilderten Fall hatte die Apotheke einem Patienten das falsche IK der BKK Energie auf der Kundenkarte zugeordnet. Als die erste Retaxation in der Apotheke eintraf, wurden der Patzer sofort korrigiert und Einspruch gegen die Absetzung eingelegt. Den Fehler gestand die Apotheke ein: „Wir haben dem Patienten versehentlich eine andere IK-Nummer – Ihrer verschiedenen Energie-BKK's zugeordnet“, heißt es im Widerspruch. „Da es gespeichert wird, fragt unser System nicht mehr nach der IK-Nummer des Patienten. [...] Wie soll man da erkennen, dass es falsch ist?“

Die Apotheke hoffte auf Nachsicht. „Gibt es denn nicht eine menschliche Lösung? Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie eben 3000 Euro weniger Gehalt auf Ihrem Konto haben?“, fragt die Apothekerin. Schließlich sei der Versicherte nicht falsch, sondern lediglich mit dem Produkt der falschen Firma versorgt worden. Die Apotheke kämpfte gegen die Nullretaxation. „Eine Vollabsetzung der Kosten bei Nichtabgabe des Rabattvertragspartners ist nicht zulässig.“ Dabei bezog sich die Apotheke auf den Retax-Deal aus dem Frühjahr 2016 und bat um eine Korrektur auf den Differenzbetrag. Laut einem Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) aus dem Jahr 2013 sind Vollabsetzungen bei Nichtabgabe des Rabattartikels zwar zulässig. Die Kasse kann jedoch im Einzelfall darauf verzichten. Man konnte also nur noch auf Kulanz seitens der Kasse hoffen.